Frankfurt / Opernhaus: „RIGOLETTO“
Besuchte Vorstellung am 17.03.2022
Statt Rossinis „Bianca e Falliero“ gab es an der Oper Frankfurt eine Spielplan-Umdisposition, man spielte stattdessen „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi, diesen Anlass nahm ich wahr die Aufführung zu besuchen, zudem mich die letzte WA 2018 sehr beeindruckte. So nun auch heute hinterließ die Inszenierung mit ihrer spannenden Personenregie (Hendrik Müller) eine besondere nachhaltige Faszination. Zum psychologischen Spiel um den missgestalteten Narren am Hofe zu Mantua schuf Rifail Ajdarpasic eine vortrefflich-imposante konstante Palast-Kirchen-Konstruktion variiert mit dem herabschwebenden gläsernen Privat-Domizils Rigolettos und Gildas, der mobilen Taverne im dritten Aufzug zum illustren Lichtdesign von Jan Hartmann sowie zur szenischen Leitung von Nina Brazier wirkte die Produktion des Jahres 2017 frisch wie zur Premiere. Attraktiver Kostümmix (Katharine Weissenborn) diverser Epochen unterstrichen zudem die dramaturgischen Szenerie-Abläufe. Sehr interessant die instruktive Figur-Aufwertung der Gräfin von Ceprano als elegante Grandezza in schwarzer Glitzer-Robe, blind, behindert am Stock darstellerisch wie vokal von Karolina Makula vortrefflich portraitiert.
Großartig leitete Maestro Jader Bignamini das prächtig aufspielende Frankfurter Opern – und Museumsorchester, verhalf Verdis grandioser Partitur zu federleichter aber auch wohldosierter, transparenter, dramatischer Klangästhetik. In mitreißender Dynamik folgte der bestens disponierte Klangkörper den Intentionen des temperamentvollen Maestro und zauberte herrlich nuancierte Balancen zwischen den Instrumentalgruppen, vermittelte akustische Italiana der Sonderklasse.
Bestens so liebevoll in orchestralen Wohlklang eingebettet fühlte sich das Vokal-Ensemble zu Höchstleistungen animiert. Wohl einem besonderen Glücksfall war es zu danken, dass die Titelpartie erneut der international gefeierte Zeljko Lucic übernahm. Zur psychologisch intensiven Charakterisierung Rigolettos servierte der geniale Bariton erneut Vokal-Facetten unübertroffener Sangeskunst. Ob nun zynisch expressiv als Hofnarr, liebend als unglückliche Vaterfigur Lucic punktete mit seinem ebenmäßig geführten Edeltimbre in jeglicher Hinsicht zu dramatischen Ausbrüchen mit imposantem Höhenpotenzial, während feinen Legato-Phrasierungen offerierte der vielseitige Künstler Belcanto pur.
Wunderschön timbriert, mädchenhaft innig, von betörendem Wohlklang, in hell strahlender jugendlicher Unbekümmertheit interpretierte Zuzanna Markova die Gilda, führte die innewohnende Entwicklung der Partie mit feinem Gespür mit weniger voluminöser Sopranlage authentisch vor. Im finalen Duett des zweiten Aufzugs mit Rigoletto Si, vendetta, tremenda vendetta ließ Markova imposant-dramatische Farbtupfer und kraftvolle Obertöne mit einfließen – bella.
Als Duca von Mantua stellte sich der chilenisch-amerikanische Spinto-Tenor Jonathan Tetelman vor. Ein attraktiver Rollenvertreter von 1,93 m Höhe, rank und schlank mit optischen Attributen ( die Wiener Damenwelt würde ihn als fesches Mannsbild bezeichnen) gesegnet, hielt jedoch zuweilen vokal nicht was die Optik versprach. Gewiss besitzt die 34jährige tenorale Entdeckung eine st®ahlkräftige Stimme, sehr voluminös mit männlich herber Mittellage und gewaltigem Höhenpotenzial, jedoch fehlten seiner Stimme lyrische Wärme die feinen Nuancen. Das virile Timbre schien vor Emphase regelrecht zu beben und zu stilvoller emotionaler Dezenz fand der Sympathieträger erst im dritten Aufzug bei Bella figlia dell ´amore und bewies er kann´s, setzt es lediglich zu wenig ein. Meinen Merkereien zum Trotz wurde er vom Publikum gefeiert.
Dezent jedoch bestimmt hielt Maddalena (Silvia Hauer) mit erotischem Mezzotimbre den unwiderstehlichen Verführer in Schach. Nina Tarandek schenkte zu optischer Strenge der Giovanna dunkle Vokalise.
Mit sonoren Basstönen gab Nicholas Brownlee dem verurteilten Graf von Monterone gewichtige Präsenz. Perfide Verschlagenheit mischte optisch wie vokal Khiwan Sim dem Sparafucile bei. Schönstimmig brachten sich Marullo/Ceprano (Mikolai Trabka), Borsa (Peter Marsh) sowie der flexibel-agil intonierende Herrenchor (Tilman Michael) mit ein.
Das Publikum feierte Lucic, Tetelman sowie Maestro Bignamini mit Ovationen und das Ensemble mit großer Begeisterung.
Gerhard Hoffmann