Frankfurt / Opernhaus: „LIVESTREAM KAMMERMUSIK“ – 12.02.2021
Quartett des FOMO. Foto: Barbara Aumüller
In anderer interessanter Konzeption präsentierte heute die Oper Frankfurt ihren Stream und zwar mit einem Kammermusik-Abend welcher bereits im September 2020 über die Bühne gehen sollte, nun war es endlich so weit. Auf dem Programm stand das „Klavier-Quartett Nr. 1 op. 25“ von Johannes Brahms.
Brahms wagte sich nach angeblich mehr als 20 Streichquartetten, die allesamt vernichtet wurden, 1854 ernsthaft an Kammermusik, nun meist unter Einbezug des ihm vertrauten Klaviers. Ab 1855 plante er drei Klavier-Quartette, von denen zwei 1861 vollendet wurden. Das erste ist trotz der hohen Qualitäten der beiden anderen das beliebteste und auch das bekannteste. Mit Clara Schumann am Klavier hatte das Werk im November 1861 seine UA und der Komponist gab ein Jahr später sein Debüt als Pianist in Wien. Dort fand auch das zweite Klavierquartett seine UA und Brahms fungierte wiederum beim Klavierpart.
Heute durften wir vier ausgezeichnete Mitglieder des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters erleben und zwar Regine Schmitt (Violine), Elisabeth Friedrichs (Viola), Florian Fischer (Cello) sowie am Klavier Takeshi Moriuchi (der ehemalige famose Dirigent aus Linz). Die Rezitation der Einführung übernahm Zsolt Horpácsy. Ohne Frage handelt es sich bei diesem Brahms-Quartett in g-Moll um eines der interessantesten Werke der Kammermusik in welchem Melancholie, Leidenschaft schwingen, zudem feurige Zigeunerklänge und rasante Passagen von der einfallsreichen Vielseitigkeit des Komponisten zeugen, zudem galt das Werk als heimliche „5. Symphonie“.
Der ausgedehnte Kopfsatz des Allegro lebte besonders vom anregenden spannungsreichen Spiel des Pianisten Takeshi Moriuchi und sodann unisono von den Streichern ausgeprägt übernommen wurde besonders ausgeprägt durch warme Celloklang von Florian Fischer während des zweiten Themas. Herrlich das dritte vom Bratschenspiel Elisabeth Friedrichs im ungarischen Bordun intoniert. Dynamisch ohne Vordergründigkeit fügte sich der Violinklang von Regine Schmitt in die Rhythmik mit ein.
Der zweite Satz ist kein Scherzo, sondern als Impromptu von Brahms schlicht Intermezzo benannt, zarte Streichergesänge deren melancholische Stilisierung geheimnisvoll Kommendes ankündigten. Zum Andante con moto weckte der Komponist Erinnerungen an Haydn-Trios, fügte ein herrliches breitgefächertes Soli für Violine und Viola ein, prächtig kontrastierend die hohe Klaviermelodie vereint im Höhepunkt der zarten Stimmung des Andante-Beginns, welcher wohl zu den großartigsten Momenten des Werkes zählt.
Das Rondo alla Zingarese ist vermutlich das schlichteste Finale aus der Feder von Brahms: einfaches Alternieren zwischen dem g-Moll-Thema mit wechselnden Rondo-Episoden, die Ungarischen Tänze ließen grüßen. Das gesamte Klangarsenal der „Zigeunermusik“ fügte der Komponist in vitalste Kammermusik. Im Überschwang lebendiger Musizierfreude präsentierte das Frankfurter Quartett die schmachtenden Melodien der Streicher zur Stretta gipfelnd im rasanten Finale des imaginären Csárdás. In weicher, ebenfalls zuweilen dominanter Tastenkultur übernahm Moriuchi den führenden Klavierpart wunderbar vereint im gemeinsamen reizvollen Spiel mit den drei bestens harmonisierenden Instrumenten.
Ein engagiertes Musizieren ohne Publikums-Applaus belohnt – möge sich diese unsäglich deprimierende Situation bald wieder zum Besseren und Wohle aller Beteiligten wenden.
Gerhard Hoffmann