Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

FRANKFURT/ Opernhaus: „LIEDERABEND IM STREAM – KONSTANTIN KRIMMEL“ 

13.03.2021 | Konzert/Liederabende

Frankfurt / Oper: „LIEDERABEND IM STREAM – KONSTANTIN KRIMMEL“  – 12.03.2021

Liederabend im Stream: Konstantin Krimmel und Daniel Heide - YouTube
Daniel Heide, Konstantin Krimmel. Foto: Oper Frankfurt/ Stream

Unerschöpflich in ihrem Ideenreichtum erscheint immer wieder die Oper Frankfurt und präsentierte erneut einen exzellenten Liederabend im vortrefflich illuminierten Bockenheimer Depot mit seiner zumindest für ein derartiges Event ausgezeichneten Akustik.

Geladen war der Bariton Konstantin Krimmel in Begleitung des Pianisten Daniel Heide, die beiden absolvierten eine Sternstunde elitären Liedgesangs.

Der vielversprechende, talentierte Bariton wurde 1993 in Ulm geboren, an der Hochschule für Musik Stuttgart ausgebildet, etablierte sich bereits als vortrefflicher Liedsänger bei diversen Festivals und gewann jede Menge Preise bei Gesangs-Wettbewerben.

Mit zwei Preziosen aus der Feder von Franz Schubert eröffnete der junge Bariton seine Programmfolge. Bereits bei Der Wanderer offenbarte der Sänger prächtiges baritonales Volumen gepaart mit einer herrlich timbrierten Stimme. Seine vorbildliche Pianokultur machte staunen und verlieh An den Mond eine besondere Aura zarter und intimer Gestaltung die unter die Haut ging.

Nach kurzer Erläuterung zu Entstehung und Inhalt interpretierte Konstantin Krimmel den Zyklus „An die ferne Geliebte op. 98“ von Ludwig van Beethoven. Beredet im Ausdruck, in beispielloser Subtilität, heroisch kernig gleich der ansprechenden Optik erwies sich der junge Künstler als Meister der Einfühlung. Ob nun in nach innen gerichteter Trauer, Verzweiflung oder Euphorie des Liebenden jede Nuance der Regungen verstand es Krimmel gebührend gleichwohl im Piani bei Wo die Berge so blau oder in kraftvollem pietoso Affekt zur Strophe Es kehret der maien, es blühet die Au glaubwürdig zu vermitteln. Dank der vortrefflichen Diktion und außergewöhnlichen Artikulation des ja noch relativ sehr jungen Interpreten erschien es mir als pure Wonne diesem exzellenten Erzähler zu lauschen, zudem man jedes gesungene Wort verstand und selbst ebenso zur englischen Sprache des Folgezyklus.

Nach Sonetten des Dichters Dante Gabriel Rossetti vertonte Ralph Vaughan Williams anno 1903, gab diesem Kaleidoskop in sechs Versen den Titel „The House of Life“. Wir begegnen der Allmacht „Liebe“ in all ihren faszinierenden Facetten: tiefgreifend, aufwühlend, lyrisch,  berauschend,  aber auch dramatisch erfüllt von Todessehnsucht. Man begab sich bei diesen Liedern mit Konstantin Krimmel auf eine Reise ins Innere quasi einem Wechselbad der Gefühle. Pathetisch, von masculin herber Kraft geprägt erlebte man nuancierte Ausdrucksskalen von bangen Vorahnungen und Enttäuschungen sowie  helle Freude, zärtliche Emotionen, Liebesschwüre in immer neuen vokalen Schattierungen, die Synthese von Wort und Ton widerfuhr zur beglückenden Unität. Fabelhaft die Legato- und Phrasierungs-Kunst des Interpreten in Verbindung von intellektueller Präzision, dem wachen Sinn für Klangschönheit und musikalischem Ausdruck, ohne den Eindruck zu erwecken romantische Emotionen mit Sentiment zu verwechseln.

Großartig geradezu bezwingend erwies sich das geniale Zusammenspiel des Sängers mit dem famosen Pianisten Daniel Heide, die beiden Künstler schienen im Einklang zu atmen. Dynamisch, fein differenziert in agogischen Details, behutsam akzentuiert (gleich einer Sonate bei Beethoven) begleitete Heide am Klavier in klaren Diktionen kongenial ohne jeglicher primärer Effekte.

Die Textur Des Tages laute Stimmen schweigen von Franz Liszt gewann bar des packend-emphatischen Vortrags des jungen Baritons regelrecht substanzielle Bedeutung, ebenso das spannungsreich und innig dargebotene Gebet. Beide Lieder platzierten die Künstler hinter den Beethoven-Zyklus, ebenso mit zwei Liszt-Vertonungen beschloss Kimmel sein imposantes Debüt. Im Einklang von bestechender Musikalität und Intensität gestaltete der Sänger Gebet – in Stunden der Entmutigung sowie dank seines herrlichen Timbres aufblühend, atmosphärisch, bewegend, melodisch, eindrucksvoll Freudvoll und leidvoll.

Ein besinnlicher, besonders beglückender Liederabend weckte Hoffnungen auf baldige Normalität in Zeiten der Pandemie aber auch Sehnsüchte des Rezensenten dem ungewöhnlichen Künstler Konstantin Krimmel bald  „live“ begegnen zu dürfen.

Gerhard Hoffmann

 

Diese Seite drucken