Frankfurt / Opernhaus: „ASMIK GRIGORIAN – LUKAS GENIUSAS“ – 07.09.2022
Liederabend der Superlative
Foto: Barbara Aumüller
Mit einem Paukenschlag eröffnete die Oper Frankfurt ihre Spielzeit-Saison 2022/23 und zugleich die inzwischen renommierte „Liederabend-Reihe“ mit einer der eindrucksvollsten Sopranstimmen unserer Zeit Asmik Grigorian. War mir während der letzten Jahre mehrmals das Glück beschieden die grandiose Sängerin in diversen Opernrollen zu erleben, durfte ich nun die Ausnahme-Künstlerin erstmals bei einem Recital bewundern. Die litauische Sängerin mit armenischen Wurzeln erwählte Lieder ausschließlich in ihrer russischen Muttersprache.
Exzeptionell wie die aparte Dame in eleganter Haute Couture-Création gar selbst das interessante Arrangement des ersten Programmteils mit je zwei Liedern unterteilt von Klavierwerken von Peter I. Tschaikowsky. Schon während der ersten Preziosen Inmitten des Balles – Weil´ ich wie einstmals, allein mit den textlich-düsteren Stimmungen, wurde die beredete Erzählungskunst der großartigen Sängerin offenbar. Lyrisch ließ Asmik Grigorian ihren kostbaren Sopran erblühen, färbte stimmtypisch charakteristische Introduktionen mit lichten Spitzentönen dank ihres herrlichen Spinto-Timbres. Nur wer die Sehnsucht kennt – Heiß mich nicht reden profitieren ungemein bar dieser ausgefeilten Vokal-Flexibilität. Ein breites Kaleidoskop subtiler Musikalität und genialer Ausdruckskraft kamen ebenso mit dramatischen Einfärbungen Eine Träne zittert dir im Auge – Ich segne euch, Wälder der Textur zugute.
Nun war der russisch-litauische Pianist Lukas Geniusas der Vokalistin nicht nur ein vortrefflich kongenialer Begleiter sondern erwies sich zudem als Extraklasse-Solist von hohem Rang. Ob nun die „Romanze in f-Moll“, das „Scherzo humoristique in D-Dur“ oder die Variation „Dumka in c-Moll“ oder die sonatenhaften Liederfinali ließ der famose junge Pianist auf feinfühlige oder feurig-empathische Weise erklingen. Ohne Piano-Clownerie stellte sich der vortreffliche Virtuose ureigen in den Dienst des Komponisten, spielte souverän als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, formte feinaustranchierte melodische Details, setzte klaviertechnisch atemberaubende dramatische Akzente zu brillanter Bravour und avancierte zum ebenbürtig gefeierten Publikumsmagneten.
Nach der Pause bereicherte Asmik Grigoiran ihre exzellenten Vorträge mit elf Vertonungen aus der Feder von Sergej Rachmaninow, welche sich nicht nur als Lieder sondern teils als Opernszenen „en miniature“ erwiesen. Berührend, eindrucksvoll verstand es die Sängerin in hoher Kunst des Einfühlens, in Verbindung virtuoser volltönender Musikalität die Schattierungen von Emotionen melodisch zu färben, traumhafte Piani und grandiose Höhenakrobatik zu offerieren. Selbstredend gingen Preziosen wie In der Stille der geheimnisvollen Nacht – Kind, du bist wie eine Blume – Dämmerung – Sing, du Schöne, sing mir nicht in ihren nachhaltig-betörenden Interpretationen regelrecht unter die Haut der Zuhörer. Hymnisch euphorisch leuchtend, dezent feinnervig, prächtig proportioniert begleitete wiederum in bravouröser Tastentechnik Lukas Geniusas.
Den frenetischen Zwischen- und Finalapplaus bedankte das sichtlich erfreute Künstlerduo mit zwei Rachmaninow-Zugaben in warmleuchtenden, pulsierend, eindrucksvoll leuchtenden Sopran-Sonnenstrahlen.
Auf das Wiedersehen- und Hören mit der sympathischen Sängerin zur WA „Manon Lescaut“ am 22.10. sowie zur Premiere von Tschaikowskys selten gespielter Oper „Die Zauberin“ an der Oper Frankfurt am 04. Dezember darf man sich schon heute freuen.
Gerhard Hoffmann