Adolphe Adam: Le postillon de Lonjumeau • Oper Frankfurt • Premiere: 02.03.2025
Übernahme einer Produktion der Tiroler Festspiele Erl
Wie konnte dieses Stück nur so in Vergessenheit geraten?
Die Frankfurter Eigenwilligkeit, Verschüttetes, womöglich zu Unrecht Vergessenes, wiederzuentdecken, ermöglicht im Monat März den Kontakt mit zwei Werken, deren Titel jeder kennt, aber kaum einer auf der Bühne gesehen hat: Karl Ditters von Dittersdorfs «Der Apotheker» (Premiere am 08.03.2025) und Adolphe Adams hier zu besprechender «Le postillon de Lonjumeau».
Foto © Barbara Aumüller
Hans Walter Richter (Inszenierung) verortet das Werk in der Zeit, in der es spielt, also im Spätbarock (Uraufführung von Rameaus «Castor et Pollux am 24. Oktober 1737 in der Académie Royale de Musique in Paris). Da das Stück im Theatermilieu spielt (der Postillon Chapelou wird bei seiner Heirat als Tenor entdeckt und nach zehn Jahren von seiner treuen Gattin Madeleine zurückerobert), hat Kaspar Glarner (Bühnenbild, Kostüme) ein barocke Guckkastenbühne als Bühnenbild entworfen. Dank des Einsatzes der Drehbühne ist dieses mit allen Details wie den Kulissengassen, den Seitenbühnen und den Bühnenzügen von allen Seiten einsehbar. Hier erzählt Richter die Geschichte eng am und im Vertrauen aufs Libretto. Die Dialogfassung von Hans Walter Richter und Mareike Wink (Dramaturgie) verleiht der Geschichte eine gute Spannung und überzeugt durch die Klarheit ihres Französisch und vor allem die Abwesenheit jeglicher «zeitgeistigen» Einschübe. Glarners Kostüme überzeugen durch ihre stilsichere Opulenz und Lebendigkeit. Jakob Bogensperger setzt die mustergültige Inszenierung ins beste Licht.
Beomseok Yi (Musikalische Leitung) animiert das Frankfurter Opern- und Museumsorchester zu höchst differenziertem und absolut farbenprächtigen Spiel. Mit stupender Leichtigkeit werden Adams prächtigen Melodien herrlich zu Gehör. Ein besonderes Lob geht an die wunderbar feinen, fast fragilen Flöten. Schon bald nach Beginn fragt man sich, wieso das Stück, das zu seiner Zeit der grosse Kassenschlager war, so in Vergessenheit geraten konnte. Der Chor der Oper Frankfurt (Chor: Álvaro Corral Matute; Choreografie: Gabriel Wanka) überzeugt einmal mehr ohne Wünsche offen zu lassen.
Francesco Demuro gibt den Chapelou (Postillon)/Saint-Phar (Opernsänger) mit bestens fokussiertem Tenor. Die Spitzentöne kommen sicher, bleiben aber immer mehr oder weniger als solche erkennbar. Monika Buczkowska-Ward überzeugt als Madeleine (Wirtin)/Madame de Latour mit souverän geführtem, wunderbar vollem und höhensicherem Sopran. Joel Allison ist ein stimmgewaltiger Bijou (Schmied)/Alcindor (Chorist). Jarrett Porter überzeugt als Marquis de Corcy dunkel gefärbtem Bariton und guter Bühnepräsenz. Morgan-Andrew als King Bourdon, Gabriel Wanka als Rose und Wolfgang Gerold als Louis XV ergänzen das formidable Ensemble.
Eine Umsetzung mit Referenz-Charakter. Frankfurt kann Opéra comique. Und wie!!!
Weitere Aufführungen:
Do. 06.03.2025; Sa. 15.03.2025; Fr. 21.03.2025; So. 23.03.2025; Sa. 29.03.2025; Fr. 04.04.2025;
So. 06.04.2025; Mi. 09.04.2025; Sa. 12.04.2025.
05.03.2025, Jan Krobot/Zürich