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FRANKFURT/ Opernhaus: DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG. Premiere

07.11.2022 | Oper international

Frankfurt: Die Meistersinger von Nürnberg  6.11.2022  Premiere

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Die Meistersinger . Foto: Monika Rittershaus

Am Anfang stehen die Großbuchstaben AMEN verkehrt herum, und am Ende GERMANIA, was rasch zu MANIA mutiert, dann aber wieder zurück auf ‚Germania‘ switcht. Zwischen diesen beiden Worten spielt sich die Neuinszenierung von Johannes Erath ab, die Wagners Opus magnum durchaus im ‚komischen‘ Modus wiedergibt, aber dabei nicht mit eigenen Ideen und modischen Regiefinten geizt. Dabei bildet die Komposition immer die Grundlage des Geschehens, Wagner kann man eben nicht so einfach ‚wegspielen‘. Die Musik setzt sich nämlich in der gelungenen Interpretation von Sebastian Weigle mit dem Frankfurter Opern-, Museumsorchester auf dramatische sowie süffig -komische Art  klangprächtig durch. Dabei fällt auch auf, daß die Nürnberger Befindlichkeiten mit Schlägerei in der Johannisnacht auch spukhaft dramatisch und bis in die Brutalität hinein ausgekostet werden.

Schon während der Ouverture werden Sachs- und Beckmesser-Stube angedeutet, wo sie sich beide Schottenkaro-Anzüge anziehen, wie am Schluß auch mal alle Meistersinger in solcher Schottenkluft bunt zu sehen sind. Stolzing und Eva dagegen schon ganz in weiß, die Lehrbuben in schwarzen kurzen Hosen und mit Zunftkappen (Kostüme Herbert Murauer). Diese schieben die Riesen-beinigen Hochstühle der zeitungslesenden Meistersinger bei der Freyung auf der Bühne umher. Ein Bühnenbild ist dabei nur dunkelgrau angedeutet und konkretisiert sich erst im 2.Akt zu einem hohen rückwärtigen stilisierten Maueroval, das auf ein wie immer geartetes Mittelalter verweisen könnte. Andere Bühnenfragmente wie Türen oder Fenster werden von den Handelnden hin und her verschoben (Bühne Kaspar Glarner).

Größere Bedeutung bekommt für J.Erath eine männliche Statisteriegruppe, die zu Sachs‘ Gesängen schon mal in Rollstühlen synchron über die Bühne fährt und quasi ein Rollstuhlballett creiert oder sich bei der Prügelszene über Eva hermacht und ihr die neuen Schuhe auszieht. Der Chor (gute Einstud.:Tilman Michael), nachdem er in der kurzen Münsterszene auch ein wenig mitspielen durfte, tritt bei der Prügelei in allerdings sinnfälligen Gewandungen wie Liza Minelli- oder Madonna-Kostümen pulkhaft oratorial auf. Zur Dekoration werden beim Sachs- Beckmesser-Doppelständchen Greta Garbo-Beine als Dekoration gezeigt. Der Chor singt dann beim Einzug der Gewerke bei der Festwiese ganz aus dem Off, auf dem heruntergelassenen Decker sind wieder die Hieroglyphen und algebraische Zeichen zu sehen, kaum auszumachende Videos  (Videodesign: Bibi Abel). Vom Kleidertausch Evchen -Lene ist im 2.Akt nichts zu sehen, die Sänger singen scheints auch nur die aufreizenden Beine an. Auf der Festwiese versöhnen sich Sachs und Beckmesser wieder, nachdem letzterem sinnfällig mit Seilschlinge und Leiter ein Tod am Galgen in Aussicht gestellt wurde.

Nicholas Brownlee ist ein sehr junger Witwer, und das spiegelt sich irgendwie auch in seinem manchmal schneidend hell timbrierten Bariton wieder. Sein Wahnmonolog kommt aber, auch exzellent vom Orchester begleitet, äußerst dramatisch herüber. Veit Pogner ist Andreas Bauer Kanabas mit seinem voluminös gleitenden, manchmal wie hohl anmutenden Baß. Ein neuer auch sehr jung anmutender Beckmesser ist Michael Nagy mit kesser Bürstenfrisur, und er singt einen fein ziselierten und gut deklamierenden Bariton. Ein starkes Plus in dieser Aufführung ist auch die Eva der Magdalena Hinterdobler mit einem frischen angenehm timbrierten Sopran, sie scheint aber auch noch in den jungen Sachs verliebt. Claudia Mahnke kommt als schwer in David verliebte  Amme von Eva herüber, später auch, wie der gesamte Männerchor, in Frack gekleidet. Sie singt sehr gefällig und mit spielerischer Leichtigkeit diesen Part.

Der Stolzing AJ Glueckert scheint hier mit Bart eher gealtert und nicht immer wie ein frisch Verliebter. Auch gesanglich vermißt man etwas die jugendlich heldenhafte Attitüde, die er etwa in Strauss‘  Capriccio, auch in Frankfurt, jederzeit ausstrahlte.Das Traumlied und die Werbegesänge gelingen ihm letztendlich aber adäquat. Vielleicht war es nur die Tagesform.

Den David nimmt Michael Porter auch mit Leichtigkeit, gestaltet auch die Erklärszene am Beginn ganz plastisch und hingebungsvoll quasi mit hohen Schluchzern angereichert. Später spielt er  etwa auf der Festwiese szenisch aber keine große Rolle mehr.

Den Kothner gestaltet Thomas Faulkner mit kernigem Baß. Das übrige Meistersinger-Oktett singt gesanglich ausgewogen Samuel Levine, Barnaby Rea, Jonathan Abernethy, Hans-Jürgen Lazar, Andrew Bidlack, Sebastian Geyer, Anthony Robin Schneider und Bozidar Smiljanic. Den Nachtwächter gibt witzig aufgeschminkt der zuverlässige Franz Mayer. Die sehr gut durchmischten Lehrbuben stellen Chiara Bäuml, Maren Favela, Helene Feldbauer, Guenaelle Mörth, Tianji Lin, Carlos Cardenas, Donat Havar, Istvan Balota, Kiduck Kwon und Johannes Lehner.                                                                      

Friedeon Rosén

 

 

 

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