Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

FRANKFURT/ Opernhaus: „ANDRÈ SCHUEN“ Liederabend der Sonderklasse

20.12.2023 | Konzert/Liederabende

Frankfurt / Opernhaus: „ANDRÈ SCHUEN“ Liederabend der Sonderklasse 19.12.2023

andre
Daniel Heide und Andre Schuen. Foto. Barbara Aumüller

Zur Event-Reihe „Liederabende“ präsentierte heute die Oper Frankfurt den bereits seit Jahren international renommierten Südtiroler Bariton André Schuen und bescherte seinem Publikum ein Weihnachts-Präsent der absoluten Spitzenklasse. Der smarte, charmante Enddreißiger wählte ein Programm der sublimen Stimmungen zu Vertonungen von Franz Schubert umrahmt von Preziosen von Gustav Mahler. Der Liedgesang ist wohl für jede Sängerin und jeden Sänger eine besondere Herausforderung, weil das ganze Spektrum des Empfindens in eine kleine Form gegossen wurde und sich die textlichen wie musikalischen Inhalte in einer Feinzeichnung widerspiegeln. Diese hohe Kunst, die ganze Welt von Emotionen vokal in melodischen Linien ohne jegliche körpersprachliche Allüren zu interpretieren, beherrschte Schuen auf wunderbar beglückende Weise.

Zum Auftakt erklangen „Lieder eines fahrenden Gesellen“ (Mahler) aufwühlend, tief empfunden, mit einer Träne in der Stimme erklang Wenn mein Schatz Hochzeit macht. Strahlend im Ausbruch von fast überschwänglicher Begeisterung folgte Ging heut´ morgen über´s Feld, expressiv edel erklangen die Emotionen zu Ich hab´ ein glühend Messer, berührend unter die Haut gehend voll Melancholie Die zwei blauen Augen von meinem Schatz. Ob nun im Piano oder Forte die Vokalise des hervorragenden Sängers strömte stets offen und erzeugte so eine besonders betörende Klangqualität. Jedem Wort, jeder Phase schenkte Schuen im Verlauf des ganzen Vortrags, ungeteilte Aufmerksamkeit sowie eine vorbildliche Textverständlichkeit.

Sodann vor und nach der Pause  erklangen auserwählte Lieder aus der Feder von Franz Schubert. Nun werde ich nicht alle neun vertonte Gedichte einzeln bewerten, sondern hebe lediglich einige hervor. Auf jeden Fall bedarf es einer besonderen Erwähnung der überragenden Qualitäten des außergewöhnlichen Interpreten: Seine umwerfende Legato- und Pianikultur, die leichte, zarte, intime Gestaltung, die Intention menschlicher Gefühlregungen wie Liebe, Verdruss oder Sehnsucht durch markante Töne hervorzuheben, fügte sich in das akustische Gesamtbild von Schuens Darbietungen auf das Vortrefflichster. Zu seinen musikalischen Analysen stehen dem Bariton neben sicherem Sprachgefühl eine vielschichtige Palette von warmen und frischen Klangfarben zur Verfügung, mit welchen er technisch auf höchst souveräner Basis jongliert, spielt und auch unter Einbindung der Kopfstimme einfach umwerfend gestaltet. Alle diese wunderbaren sängerischen Vorzüge wurden bei An den Mond – Abendstern – Des Fischers Liebesglück – Der Musensohn – Du bist die Ruh´ auf ganz besondere Weise gewahr.

Dank der virtuosen, intensiven, atmenden Begleitung durch Daniel Heide erhielt der Vortrag des Sängers eine beständige, in sich geschlossene, authentische Interpretation. Samtig floss Schuberts Klangstrom dahin, Mahlers teils wehmütige Dimensionen färbte der Pianist in melancholische Couleurs und war dem Vokalisten ein vorzüglicher Begleiter.

Zum glanzvollen Abschluss dieses nachhaltigen Liederabends servierten die Künstler Gustav Mahlers „Rückert-Lieder“, jenen fünf Episoden welche der Komponist in keinen Zyklus einband. Substanziell durchleuchtet, feinsinnig erklang Liebst du um Schönheit, stilistisch eunfühlsam, atmosphärisch entfaltete sich das herrliche baritonale Timbre des begnadeten Sängers zur leicht vertrackten Melodie der Strophe Blicke mir nicht in die Lieder. Faszinierend wiederum die Legato-Kunst von André Schuen zu erleben, mit Tönen  changieren, sie in Steigerungen aufzubauen und zudem im sanglichen Ausdruck instrumental mit feinen Nuancierungen besonders im Piani zu fesseln wurde erneut bei Ich atmet´ einen linden Duft gewahr. Dramatisch, beschwörend erhob sich die schöne Stimme gleichsam eines Hilferufes einer rastlosen Seele zu Um Mitternacht. Traumhaft phrasiert, in hoffnungsvollem Optimismus vokal prächtig durchleuchtet, voll glutiger Wärme erhob sich Ich bin der Welt abhanden gekommen, fürwahr der Rezensent fühlte sich in anderen Sphären.

Das Publikum hingerissen, begeistert feierte Schuen und Heide in Euphorie, wurde mit Mahlers „Urlicht“ in vollkommener Schönheit dargeboten, belohnt und dem hätte man nichts mehr hinzu zufügen, doch der großen Begeisterung folgte noch fein nuanciert, transparent, schier elegisch gesungen „Morgen“ von Richard Strauss.

Gerhard Hoffmann

 

Diese Seite drucken