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FRANKFURT/ Oper: TRISTAN UND ISOLDE. Premiere

20.01.2020 | Oper

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Rachel Nicholls, Vincent Wolfsteiner,  (c) Barbara Aumüller

Frankfurt: TRISTAN UND ISOLDE, 19.1.2020 Premiere

Mit einer neuen Tristan & Isolde-Produktion, die aber hauptsächlich von der musikalischen Seite her funkelt, macht die Oper Frankfurt im Neuen Jahr auf sich aufmerksam. In das vom Orchester sehr einfühlsam gespielte und mit all dessen kompositorischen Finessen ausgereizte Vorspiel hebt sich ganz langsam der schwarze Bühnen-Decker und läßt den großen hohen weißen Einheitsraum von Johannes Leiacker erstehen, der mit vielen Neonröhren an den Wänden ganz ‚taghell‘ ausgeleuchtet werden kann.  Inmitten befindet sich eine dunkle Barke, der Isolde entsteigt, Tristan folgt ihr, und plötzlich läßt sie ein Messer aufblitzen und herunterfallen. Tristan in schwarzer Lederjacke geht dann zu einer der vielen ‚Falltüren‘ ab, Isolde, in einen dicken rostbraunen Umhang drapiert, bleibt allein auf dem schwarzen Podest zurück. Diese Pantomime soll wohl auf die Vorgeschichte verweisen, bei der ‚Tantris‘ in einem Nachen nach Irland kam, um sich von Isolde gesund pflegen zu lassen, und diese ihren Vorsatz, ihn zu töten nicht auszuführen vermochte. Das ist der stark imaginierte Beginn des Teams Katharina Thoma (Regie), Johannes Leiacker (Bühne) und Irina Bartels (Kostüme). Übergangslos geht es im 1. Akt weiter. Was  dann aber folgt, ist weithin routinehaft und viel gesehen, wie es sich eben auf dem Schiff abspielt, wobei die Personenregie aber zuweilen hervorsticht. Das Podest mit der Barke kann auch hochfahren, und so entschwindet das Liebespaar am Schluß in der Höhe. Die Magie der Zaubertränke erweist sich davor aber etwas prosaisch, wenn Brangäne im blau geschnittenen Kleid und Hut einen Koffer mit ‚Eire‘-Whiskeys herbeiträgt, und Tristan in der finalen, von Isolde erzwungenen Aussprache sich noch mehrere Gläser nachgießt, und Isolde das ihre ostentativ in die Barke wirft. Im 2.Akt gibt es dann eine weiße Barke, in den sich das Paar zum angedachten Liebestod begibt. Das schwarze Podest ist nun senkrecht aufgestellt und soll das Liebesversteck begrenzen. Beim Einfall Markes mit Gefolge ist Melot ein ganz passiver Kombattant, aber mit blonden Locken und lila Westenanzug, Jäckchen darüber, ein eher eher exotischer Verräter, dem Tristan das Messer abnimmt und sich selber damit verletzt. Im 3.Akt haben wir es nur noch mit einer wieder schwarzen Barke und 3 schwarzen, Kareol andeutenden (Schiefer)felsen zu tun. Das Englischhorn spielt live (Romain Curt) auf der Bühne, auch der Holztrompeter Matthias Kowalczyk schaut hinten links aus einer der Falltüren herein, die zur Wiederkunft Isoldes in orangem Licht erglimmen. Um den sich vorher bei den Wahngesängen windenden Tristan schreiten mehrmals schwarze weiß-gesichtslose Todesboten. Wenn nach den mit den Barkenrudern ausgefochtenen Kämpfen alle Leichen fortgeschafft sind, und Tristans Leiche hinter der wieder zugefahrenen Bühnenwand verblieben ist, singt Isolde jetzt in weißem Hosenanzug mit starken Körperbewegungen und quasi  -verrenkungen ihren Liebestod.

Vincent Wolfsteiner ist ein guter Tristan, und dabei ein genuin tenoraler; die meisten Tristane sind heute ja eher baritonal grundiert. Somit wirkt Wolfsteiners Gesang eher schlank, aber trotzdem prononciert und markant. Dazu punktet er mit angenehmem Timbre und wirkt auch im ‚mörderischen‘ 3.Akt nie angestrengt.

Fast eine  widerstandslos fließende Naturstimme nennt Rachel Nicholls als Isolde ihr Eigen. Ganz mädchenhaft kühn gelingt ihr die irische Prinzessin. Sie ist somit zwar noch keine Heroine, legt sich aber besonders im 1.Akt so kräftig ins Zeug, daß es  eine Freude ist, ihr dabei zuzuschauen. Dabei hat sie mit den Acuti überhaupt kein Problem, sie scheinen wie selbstverständlich in ihre  gutphrasierten Gesangslinien eingebunden. Überzeugen kann sie auch in den duettierenden Teilen und legt am Schluß einen satten, klangstark aufschwingenden, vibrierenden Liebestod hin.

Das Orchester unter Sebastian Weigle gibt vielleicht den stärksten Part des Abends vor. Weigle bringt seine ganze Strauss-Erfahrung (Frau ohne Schatten), Ring des Nibelungen und sonstige Wagner-Opern in seine Interpretation ein und offeriert so mit seinem Orchester ein sattes, prägnantes und dabei auch phänomenal abgetöntes Musikdrama der Sonderklasse. Hervorgehoben seien  die spannend gespielten Gefühlsschwankungen Isoldes auf der stürmischen See, die Nachtlaute der lullenden Holzbläser bei der Liebesnacht und die rauschhaft jagende Wiedersehensmusik 2.Akt, sowie der wie ein Höllenfeuer brodelnde Baß-Untergrund bei Markes Klage. 

Dazu singt Andreas Bauer Kanabas so hohl-brüchig und voluminös orgelnd, daß er am Ende fast am meisten vom aufbrausenden Applaus erhält. Auch Claudia Mahnke ist als Brangäne ganz stark, komplettiert quasi die introvertierter  wirkende cremig-stimmige Isolde mit weit ausschwingenden schön gestalteten Gesangsbögen, u.a. in den Wachtgesängen.  Einen gar nicht polternden, sondern baritonal fein austarierten Kurwenal gibt Christoph Pohl, dessen spielerische Harmonie mit Tristan auch hervorzuheben ist. Melot  Iain MacNeil  gibt seine Gesangspassage dezent-distinguiert. Hirte, junger Seemann und Steuermann sind Tianji Lin, Michael Porter und Liviu Holender, alle im Rollendebut. Der Herrenchor ergänzt präsent und gesanglich zuverlässig.                                                                             

Friedeon Rosén

 

 

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