Paula Murrihy. Foto: Barbara Aumüller
Frankfurt: Penelope von Gabriel Fauré 15.12. 2019 Neuinszenierung
Diese Oper stellt quasi einen ‚missing link‘, ein Bindeglied zwischen französischem Wagnerisme und dem Impressionismus eines Debussy dar. Als Poeme lyrique gibt sie sich wunderbaren romantischen Klangbögen hin, und es scheint viele Leitmotive zu geben, die an der bekannten Geschichte der Penelope ansetzen, wie sie auch Monteverdi in seiner Oper Il ritorno d’Ulisse in patria (Die Heimkehr des Odysseus) komponiert hat. Also hört man Stellen aus Rheingold oder Parsifal heraus, dann ändern sich die Stimmungen, und verschleierte Klangbilder aus ‚Pelleas & Melisande‘ schieben sich in den Vordergrund, ja weisen auf Francis Poulenc voraus. Es ist ein Verdienst der Oper Frankfurt, diese vergessene, wohl einzige Oper Faures anzusetzen, die vom Orchester mit großem Animo gespielt wird unter den Händen von Joanna Mallwitz in aufregender Weise zu Gehör gebracht wird.
Rifail Ajdarpasic hat für die Regisseurin Corinna Tetzel ein Einheitsbild geschaffen, das am Ende zerbricht, nämlich die Dachterrasse einer Villa mit Gartenstühlen und einer verrosteten Schüssel, mit Baumkronen im Hintergrund, wo man sich auch das Meer am Horizont denken kann. Im Video von Bibi Abel sehen wir oft das vergrößerte Gesicht Penelopes in schwarz-weiß über die Szene projiziert, so daß klar ist, daß Penelope, wie bei Faure und so auch bei C. Tetzel eindeutige Hauptfigur und Projektionsfläche dieser Handlung darstellt. Die auf fünf reduzierten Freier in dunklen engen Anzügen stellen sich auf der Terrasse zu lasziven Tänzen mit den Hofdamen, alle sehr hübsch und in gelben verschieden geschnittenen Kleidern, ein (Kostüme: Raphaela Rose). Es wird im Verlauf klar, daß diese ‚Hofdamen‘ als Puffer zwischen ihr und den Freiern wirken. Die ehemalige Amme des Ulysse und jetzt von Penelope, Euriclee, ist auch sehr jung und in einem dunklen Kleid drapiert, während Penelope selbst als Königin vor den Freiern einen schwarzen Anzug trägt. Unter diesem befindet sich aber das gewebte Kleid, das eigentlich für den verstorbenen Vater des Odysseus bestimmt ist, von Penelope in der Nacht aber immer wieder aufgetrennt wird, um die Frist bei den Freiern, die alles verprassen, zu verlängern. Dieses schön gewirkte weiße Kleid soll für Penelope ihre Weiblichkeit verkörpern. Bei der Bogenprobe der Freier mit dem aufgetauchtem Bettler, den sie erst bei einer Trinkprobe quälen, verzichtet C.Tetzel auf das Bogenutensil oder ein Äquivalent, dann ist plötzlich ein großer Riß in der Terrasse zu sehen, auf der linken Seite die Freier, die dann überwältigt werden, rechts Penelope und Odysseus, die bei ihrem gegenseitigen Erkennen in Bögen um einander herum schreiten. Odysseus‘ Getreue stehen alle vor der Dachterrasse, was keinesfalls eine geniale Lösung erscheint. Am Ende geht Odysseus durch den tiefen Spalt der Terrasse ab, und Penelope sitzt wieder gedankenverloren auf deren Brüstung mit Meerblick.
Paula Murrihy gibt sie phantastisch. Mit schönem einschmeichelndem Sopran besingt sie ihr Schicksal und die Hoffnung, daß am Horizont ein Schiff mit ihrem Helden auftaucht. Sie wirkt damit in der Tat als als stolze Mitleid erregende Frau, die jederzeit mit aufblühendem Schöngesang beglücken kann.
Der Ulysse des Eric Laporte erscheint als ein starker Mann mittleren Alters. der seiner Frau seine Liebe, aber auch größten Respekt entgegenbringt. Mit einem schon schweren etwas dunkel timbriertem Tenor begabt kann er Penelope im Verlauf für sich einnehmen und seinem Gesinde gegenüber auch dramatisch auftrumpfen.
Die Freier ergeben ein ausgewogenes Gesangsquintett. Es sind Peter Marsh /Antinoüs, Sebastian Geyer/Eurimaque, Ralf Simon/Leodes, Dietrich Volle/Ctesippe und Danylo Matviienko/Pisandre. Den Diener Eumée singt Bozidar Smiljanic mit angenehmem Baßbariton. Die Euriclee verkörpert mit einnehmend tiefem Mezzo Joanna Motulevic. Die Hofdamen geben auch stimmlich berückend Nina Tarandek/Cleone, Angela Vallone/Melantho, Bianca Andrew/Alkandre, Julia Moorman/Phylo, Monika Buczkowska/Lydie und Julia Katharina Heße/Eurynome. Den Hirten singt mit weißer Stimme und schwarzem Kleid Luise Rahe vom Kinderchor mit Pfeilen und Astern, die sie in die vor der Terrasse aufgestellten Vasen ablegt.
Friedeon Rosén