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FRANKFURT/ Oper: LIEDERABEND JAKUB JÒZEF ORLINSKI

04.09.2019 | Konzert/Liederabende


Jakub Józef Orliński (Countertenor) und Michał Biel (Klavier) bei ihrem  Frankfurter Liederabend (Foto: Barbara Aumüller)

Frankfurt: LIEDERABEND „JAKUB JÒZEF ORLINSKI“

Liederabend am 03.09.2019

Traditionell präsentiert die Oper Frankfurt auch in der neuen Spielzeit internationale Opern-Stars zur Reihe „Liederabende“, den Reigen eröffnete heute der Countertenor Jakub Józef Orlinski welcher bereits in Frankfurt für Furore sorgte mit seiner aufsehenerregenden Interpretationen des Unolfo (Rodelinda) und Rinaldo.

Sechs Arien aus Barock-Opern brachte der polnische Sänger im ersten Teil seines Recitals zu Gehör welches er mit drei Preziosen von Georg Friedrich Händel eröffnete und beschloss.

Orlinski verstand es gleichwohl überzeugend die stimmlichen Charaktere der Figuren, deren dramatischen Impetus, die Gefühlsregungen während Voi, che udite il mio lamento aus „Agrippina“ oder zu Spera che tra le care gioie aus „Il Muzio Scevola“ zwar mit Seele  zu füllen, jedoch klang das Timbre  in meinen Ohren keineswegs weich und angenehm. Engagiert in gleicher Manier folgte die Arie Pena tiranna io sento al core aus „Amadigi di Gaula“.

Mächtig in technisch einwandfreier Atemtechnik, koloraturgewandt, eindrucksvoll bewältigte der polnische knapp 29-jährige Newcomer der Counter-Szene die barocken Raritäten aus den Opern „Nerone fatto Cesare“ (Giuseppe Maria Orlandini), „Scipione il giovane“ Luca Antonio Predieri) sowie ein besonders interpretatorisches Augenmerk der Arie Infelice mia costanza aus der Feder des italienischen Komponisten Giovanni Bononcini.

Dennoch wohnten zwei Seelen in meiner Brust: einerseits irritierte mich das herbe, eigenwillige Timbre mit dem stets gleichen unterschwelligen sirenenhaften „Tenor-Ton“, sodann beeindruckte  mich  die bemerkenswerte Atemtechnik des noch relativ jungen Sängers. Wie auch sei Stimmen waren und sind reine Geschmacksache und im Vergleich bei bisher erlebten diversen Fachkollegen fehlten seinen Registerwechseln die optimalen Verblendungen, dem Mittel- und Tiefenbereich des Organs die weiche einschmeichelnde Fülle. Des Jubels um den Sympathieträgers zum Trotz hörte ich im Pausenfoyer zahlreiche konträre Kommentare u.a. „die Stimme geht mir durch Mark und Bein“.

Das Publikum im ausverkauften Haus (es wurde der Nachfrage wegen zusätzlich der 2. Rang geöffnet) zeigte sich restlos begeistert und feierte den Sänger mit lautstarken Bravos und prasselndem Applaus natürlich ebenso seinen begleitenden Pianisten Michal Biel. Vortrefflich ohne jegliche instrumentale Vordergründigkeit lieferte Biel den „orchestralen“ Sound in höchst subtil-versierter Perfektion und hochmotivierter musikalischer Vernetzungs-Dramaturgie.

„Vier Lieder“ in sehr differenzierter Text- und Klangbotschaft seines Landsmanns Karol Szymanowski präsentierte Jakub Jozef Orlinski zur Eröffnung des zweiten Teils des Recitals.

Den „4 sonety milosne“ quasi Liebes-Sonetten (Tadeusz Baird) schenkte Orlinski  emotionale Tiefe sowie auch einen Hauch dramatischen Aplombs. Mit dem Lied Jesien des zeitgenössischen Komponisten Pawel Lukaszewski beschloss der ausdrucksstarke Sänger seinen Ausflug ins Reich der 20. Jahrhundert-Komponisten.

Mit der Arie Odio, vendetta, amor aus der Oper „Don Chisciotte“ (Francesco Bartolomeo Conti) setzte der gefeierte Counter-Tenor den glamourösen offiziellen Finalpunkt des Abends.

Die Begeisterung für beide Künstler war gewaltig und dankbar wurden drei außergewöhnliche Raritäten als Dacapo gewährt: die Arie des Aronne aus „Il Faraone“ (Nicola Fago), „Strike on the viol“ (Henry Purcell) sowie die Arie des Anastasio aus „Giustino“ (Antonio Vivaldi).

Nicola Fago (1677-1745): „Alla gente a Dio diletta“, Arie des Aronne aus dem Oratorium Il Faraone sommerso (1709)
Henry Purcell (1659-1695): “Strike the viol”, Nr. 5 aus der Ode for Queen Mary’s birthday (Come, ye sons of art away / 1694)
Antonio Vivaldi (1678-1741): “Vedrò con mio diletto”, Arie des Anastasio aus der Oper Giustino (1724)

 Ein vielversprechender Saison-Auftakt dieser Serie.

Gerhard Hoffmann


Jakub Józef Orliński (Countertenor) und Michał Biel (Klavier) bei ihrem Frankfurter Liederabend (Foto: Barbara Aumüller)

 

BRANDNEUE NACHRICHT: Jakub Józef Orlińskis CD „Anima Sacra“ gewinnt Opus Klassik 2019
https://imgartists.com/news/congratulations-to-jakub-jozef-orlinski-franz-welser-most-winners-at-the-2019-opus-klassik-awards/

 

 

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