Wolfgang Amadeus Mozart: Ascanio in Alba • Oper Frankfurt im Bockenheimer Depot • Premiere: 17.12.2023
Frankfurter Erstaufführung
Ein letztlich überzeugender Mozartabend
Die Oper Frankfurt bringt Mozarts «Ascanio in Alba» als Frankfurter Erstaufführung. Das Publikum applaudiert der Premiere begeistert.
Foto © Monika Rittershaus
Uraufgeführt wurde die Festa teatrale «Ascanio in Alba» am 17. Oktober 1771 im Mailänder Teatro Regio Ducale. Die zwischen der Serenata und dem Dramma per musica stehende Gattung war hauptsächlich in Italien (und am Habsburger Hof in Wien) bekannt und die mythologischen Stoffe prädestinierten sie als Festoper um dem Souverän und seinen Gästen in mythologischem Gewand zu huldigen. Zusammen mit Johan Adolph Hasses Opera seria «Il Ruggiero» (nach Metastasio) bildet sie den Beitrag des Musiktheaters zur Hochzeit von Erzherzog Ferdinand von Österreich mit Prinzessin Maria Beatrice d’Este. Die Festa wurde vier Mal gezeigt und dann erst in diesem Jahrhundert wiederbelebt.
Das Regiekonzept von Nina Brazier (Inszenierung), der Modernität des Stückes und Themen wie Liebe und Treue, dem Konflikt zwischen Pflicht und persönlichem Glück und dem Wandel von Zuneigung in Kontrolle und Manipulation nachzuspüren, klingt im ersten Moment spannend. Aber: «Liebe», «Treue», «Pflicht» und «persönliches Glück» sind zu Mozarts Zeiten und heute sind etwas ganz anderes. Liebesheiraten waren gerade in höheren Gesellschaften nicht die Regel. Bei einer Ehe, die primär der Erzeugung von (in den meisten Fällen männlichem) Nachwuchs diente, spielte Treue keine Rolle. Die Pflicht, auch deutlich anders verstanden als heute, war die Zeugung von Nachwuchs. Liebe, Treue und persönliches Glück gab es durchaus – aber nicht mit der Ehe konnotiert. Zur Triebregulation gab es, im «Verborgenen» quasi selbstverständlich geduldet, Mätressen. Und: Zwischen den Kulturkreisen, die heute noch die Zwangsehe kennen, und dem, in dem das Libretto die Handlung ansiedelt bestehen fundamentale Unterschiede. Ist man bereit diese Dinge zu ignorieren, funktioniert das Konzept. Aber eben – die Details funktionieren nicht. Christoph Fischer hat Brazier als Bühnenbild ein kreisrunde, grellgelbe Installation als Zentrale einer Stadtentwicklungsfirma geschaffen. Als despotische Chefin hat Venus alle und alles im Blick und Griff und kann nach Beliebe manipulieren. Henriette Hübschmann hat die in der Grelle liebevoll detaillierten (Venus mit an Teufelshörnern gemahnenden Schulterpolstern) farblich passenden Kostüme geschaffen – so bleibt den Figuren immerhin eine Möglichkeit eigene Wege zu gehen. Das Licht hat Jonathan Pickers besorgt.
Unter der musikalischen Leitung von Alden Gatt spielt das Frankfurter Opern- und Museumsorchester einen herrlichen frischen, knackigen, mitreissenden Mozart und macht Staunen, was das Wunderkind da zu Papier gebracht hat. Die Aufnahme des Vokalensembles, das den Chor vertritt, wird unverändert eingespielt und live begleitet.
Alle Solisten des Abends debütieren in ihren Rollen. Kateryna Kasper gibt mit hervorragend geführtem, grossen Sopran die Venus. Cecelia Halls prächtiger Mezzo macht ihren Ascanio zum puren Genuss. Karolina Bengtsson geht die Silvia mit phasenweise etwas zu viel Energie an. In diesen Momenten wird die Stimme grell und die Diktion tendiert unsauber zu werden. Andrew Kim, Mitglied des Opernstudios, gibt mit sattem Tenor einen überzeugenden Aceste. Anna Nekhames als liebestoller Fauno Komplettiert das hervorragende Ensemble.
Trotz Mängeln ein letztlich überzeugender Abend.
Weitere Aufführungen:
Do. 21.12.2023, Di. 26.12.2023, Do. 28.12.2023, Sa. 30.12. 2023, Mo. 01.01.2024, Mi. 03.01.2024.
17.12.2023, Jan Krobot/Zürich