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FRANKFURT/Oper: BILLY BUDD

Orchestrale Wogen

26.05.2018 | Oper

Bildergebnis für oper frankfurt billy budd
Copyright: Oper Frankfurt/ Wolfgang Runkel

Billy Budd – Orchestrale Wogen
Oper Frankfurt
Besuchte Vorstellung: 25. Mai 2018

Zum letzten Mal gibt es in der aktuellen Spielzeit der Oper Frankfurt Benjamin Brittens allzu selten gespieltes Meisterwerk „Billy Budd“ zu erleben. Die handwerklich gelungene Inszenierung von Richard Jones erzählt stringent eine Geschichte, die nicht viel mit der Intention des Komponisten zu tun hat. Britten hat Melvilles Novelle bewußt im zu Ende gehenden 18. Jahrhundert auf einem Schiff verortet. Das Libretto nimmt darauf en Detail Bezug.

Warum nun Richard Jones dem Irrtum erlag, dass die Handlung in einer Turnhalle einer Kadetten-Schule des 20. Jahrhunderts, sich besser vermitteln müsste……Unnötig. Zuweilen wirkt der Aktionismus mit den Turnübungen der Kollektive allzu bemüht und albern, wenn alle Beteiligten mal so eben Seeschlacht spielen. Bedauerlicherweise fällt diesem „Konzept“ die so vielschichtige Figur des John Claggart zum Opfer, der hier eher wie ein Schreibtischtäter agiert. Von ihm geht keine Gefährlichkeit, keine Dämonie aus. Viel mehr wirkt er in seinem Bewegungshabitus, immer steif und starr umher laufend, zuweilen wie ein Schlafwandler…. verhaltensauffällig. Vermutlich würde seine Crew sagen:“der hat nicht mehr alle Latten am Zaun“.

Musikalisch war es ein spannender Abend, denn es gab eine Reihe von Neubesetzungen. Als Billy Budd stellte sich erstmals Björn Bürger vor. Nach dem großen Lyriker Peter Mattei, dem viril-stimmpotenten Christopher Maltman, nun ein sehr jungendlicher Billy mit viel jungenhaftem Charme. Die Domäne von Bürger ist die lyrische Stimmgebung, so beispielsweise in seinem berührenden Solo des 3. Aktes. In den Ausbrüchen, immer dann, wenn das aufrauschende Orchester eine Klangwolke auf die Bühne donnerte, geriet er an Grenzen. Als Captain Vere durfte das langjährige, verlässliche Ensemble-Mitglied Michael McCown nach endlos vielen kleinen Partien nun eine Hauptpartie gestalten. Während Premieren-Vere John-Mark Ainsley eher vergeistigt gestaltete und der heldisch-gleißende John Daszak durch Stimmstärke überzeugte, so wandelte McCown auf den Pfaden von Peter Pears. Nicht unähnlich in Gestalt, so erinnerte seine kopfig helle Stimmgebung immer wieder an Brittens Lieblings-Tenor. McCown stellte vor allem den Zwiespalt seiner Figur in den Mittelpunkt. Schier endlos groß wirkte die erdrückende Verantwortung, die er als Captain zu tragen hatte. Dazu passte auch mancher stimmlicher Engpaß in den Höhen seiner Partie, so etwa in der Auseinandersetzung mit John Claggart. Nach dem zurückhaltenden Clive Bayley als stimmlich sinistrer Claggart, erlebte das Frankfurter Publikum Thomas Faulkner. Dieser verfügt über eine sehr volltönende, hinreichend dunkle Baßstimme und überzeugte in der stimmlichen Bewältigung. Faulkner bemühte sich hörbar um Differenzierung, jedoch vernachlässigte er in der Artikulation die Konsonanten. So erklang dann doch zu vieles allzu weich gespült.

Die vielen mittleren und kleinen Partien waren sehr gut besetzt, wie z.B. Mikolaj Trabka als Donald oder Michael Porter als Novice. Herausragend war hier Simon Bailey als Mr. Redburn, der einfach hinreißend, vorbildlich seinen Text artikulierte und seiner Rolle staunenswert viele Färbungen verlieh. Besser geht es nicht! Damit rückte er seinen Rollencharakter deutlich in den Mittelpunkt des Geschehens. Sehr erfreulich und stimmlich erfrischt erklang an seiner Seite Magnus Baldvinsson als Mr. Flint.

Das große Choraufgebot war wieder ein Erlebnis und begeisterte in seinem breiten dynamischen Spektrum. Sehr gut!

Die Oper Frankfurt hat gegenwärtig besonderes Glück mit der Wahl der Dirigenten. Mit Basels Musikdirektor Erik Nielsen agierte ein hingebungsvoll und wissender Könner am Pult des begeisternd mitgehenden Orchesters. Nielsen lotete alle Bereiche dieser so komplexen und vielschichtigen Partitur aus, war hoch präsent, aufmerksam im Bühnengeschehen und sorgte für besondere, eindrucksreiche Momente. Auch das Orchester war von ihm begeistert und applaudierte seinem Dirigenten. Ein fabelhaftes Dirigat voller orchestraler Wogen und entsprechend groß war die Begeisterung gerade auch für Erik Nielsen. Das Frankfurter Museumsorchester war wieder einmal ein sicherer Garant für hohe Orchesterqualität und beseeltes Miteinander.

Viel Begeisterung im gut besuchten Haus.

Dirk Schauß

 

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