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FRANKFURT: LA DAMOISELLE ELUE (Claude Debussy) / JEANNE D’ARC AU BÛCHER (Arthur Honegger). Premiere

12.06.2017 | Oper

Frankfurt: La Damoiselle Elue (Debussy) & Jeanne d’Arc au Bucher (Honegger) 11.6.2017 – Premiere.


„Die Auserwählte“ Elizabeth Reiter, Katharina Magiera. Copyright: Barbara Aumüller

Die Oper Frankfurt bringt als Abschlußpremiere der Spielzeit Arthur Honeggers dramatisches Oratorium Johanna auf dem Scheiterhaufen, Text: Paul Claudel,  das in der Schweiz während der Nazizeit herauskam. Ihm vorangestellt wurde eine kurze lyrische Kantate ‚Die Auserwählte‘ von Claude Debussy, Text D.G.Rossetti, die 1893 in Paris uraufgeführt wurde. Sie handelt von einer Verstorbenen, die vom Himmmel herab auf ihren Mann sieht und ihrem Wunsch Ausdruck gibt, dass er ihr bald folgen möge. Es ist früher Debussy’scher Impressionismus, noch eine Vorstufe zu Pelleas und Melisande, sehr chromatisch gesättigt. In der Inszenierung blickt die Auserwählte von einer hohen Stahlrampe mit langen goldvliesenden Haaren auf  den Mann herab, der hier aber mit einem/r PartnerIn umschlungen am Boden liegt. Die Auserwählte singt sehr getragen der Haussopran Elizabeth Reiter,  eine Erzählerin, wird vom Alt Katharina Magiera mehr rezitativisch übernommen. Es geht direkt über in ‚Jeanne d’Arc‘, wo von der oberen Rampe in einem hohen schmalen Gitterturm (Bb.: Alfons Flores) Johanna (Sprechrolle: Johanna Wokalek) herabgefahren kommt.


„Jeanne d’Arc“ Johanna Wokalek und Ensemble. Copyright: Barbara Aumüller

Regisseur des Abends ist Alex Ollé von der spanischen Truppe Fura dels Baus. In dieser weitgehend leeren Bühne schafft er die notwendigen Stimmungen, durch markante Chorauftritte und z.T.akrobatische Auftritte der Tänzer und Sänger. J.Wokalek und ihr ‚Ansprechpartner‘ Bruder Dominique (Sebastien Dutrieux, Schauspieler) wollen anhand eines Historienbuchs der Dominikaner verbal klären, wie es zu dem Urteil und zur Verbrennung gekommen ist. Beide sind als einzige in heutiger Kleidung, der Bruder in grauer Cardiganjacke, Straßenhose, Johanna in weißem ärmellosen Shirt und Jeans gekleidet, Kurzhaar (Kost.:Lluc Castells), um sie beide als moderne KommunikatorInnen für das unglaubliche Geschehen zu zeichnen, das aber heute genauso wieder passieren könnte.

Der große Chor und Kinderchor tritt erst in einer Phalanx an der Rampe an. Sie sind alle in kurzen grauverschmierten Fetzenröcken drapiert und kommen teils in aggressiven Pulks nach vorn oder fallen um. Später zum Prozeß nehmen sie mit Schafskappen auf den Rängen Platz (ganz sicher und klangaggressiv einstudiert von Tilman Michael). Weil sie mit dem Kirchen- und Küchenlatein  nicht klar kommen, verstehen sie Johannas Aussagen verkehrt. Als Richter wird Porcus (Schwein) bestimmt, der unter seiner fetten Kardinalsgewandung ein kleines Etwas erkennen läßt. Der Gerichtsschreiber ist ein Asinus, ebenfalls nackt und mit einem Mädchen auf dem Buckel. Johanna nimmt kniend auf dem Turm gebunden ihr Urteil entgegen, auf dem Shirt stehen nun keine chinesischen Schriftzeichen untereinander, sondern die Silben He-Xe. Sie klärt dann mit Dominique, was vorher geschah. An die Engländer mussten Mädchen ausgeliefert werden, u.a. sie, um deren Folterung und Hinrichtung dann an einem großen Spieltisch gezockt wird. Danach werden zwei Mädchen nackt in Schrottautos an Stangen aufgehängt. Die spätere Verbrennung Johannas wirkt dann vergleichsweise ‚modest‘, im unter ihr angezündeten Sperrmüll züngeln die Flammen nach oben, sie zerbricht die Zwangsjacke unter Anrufung der hl.Jungfrau, der hl. Margarethe und der hl.Katharina, die oben in Goldgewändern wie geschnitzte (Barock)figuren erscheinen.

Das Orchester spielt sehr gut nuanciert die teils in Richtung Brecht – Weill gehende Musik, manchmal opulent, öfter ganz ausgedünnt. Immer wieder kommt auch eine Art singende Säge zum Einsatz. Marc Soustrot dirigiert mit Umsicht und Sachverstand. Johanna Wokalek kann eine weitere Glanznummer ihren bisherigen Theater- und Leinwandtaten hinzufügen. Elizabeth Sutphen singt die hl.Jungfrau mit schönem warmfließendem Sopran. Die hl Margarethe und die Auserwählte wird von Elizabeth Reiter mit gut gebundenem feinstimmigem Sopran gezeichnet. Die hl.Katharina übernahm Katharina Magiera mit ihrer klar figurierenden ensemblestarken Altstimme. Porcus, ein Herold und Kleriker gab der Tenor Peter Marsh in gewohnter Manier. Einen weiteren Herold und eine Stimme gestaltet Bariton Dietrich Volle. Den Esel übernahm der Schauspieler Etienne Gillig. Sophie Seeling singt ein kurzes Kinderchor Solo, und Pecus I stellt der Haustenor Alexey Egorov. Das Publikum erteilt ungeteilte Zustimmung.                                                           

Friedeon Rosén

 

 

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