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FRANKFURT: LA DAMNATION DE FAUST. Wiederaufnahme

17.06.2019 | Oper

 


Kihwan-Sim-Méphistophélés-Giorgio-Berrughi-Faust-Cecelia-Hall-Marguerite-Copyright-Barbara-Aumüller.

 

Frankfurt: „LA DAMNATION DE FAUST“ – WA 16.06.2019

Fast auf den Tag vor neun Jahren besuchte ich erstmals die geniale Produktion „La damnation de Faust“ (Hector Berlioz) des Regie-Altmeisters Harry Kupfer welche nun sehr detailliert unter der Leitung von Nina Brazier an der Oper Frankfurt ihre glanzvolle WA erlebte. Kupfers konstruktive Personenregie zu fassbarer Dramaturgie einer schier überbordenden Fantasie skurriler Abläufe, in Verbindung der überwältigenden Bühnenausstattung (Hans Schavernoch) dem Theaterhalbrund mit Rängen, der Mittelloge, den Stadt-Miniaturen, der (leider nicht geräuschlosen) variablen Trennkulisse mit expressionistischem Gemälde. Einem Panoptikum gleich erschien der  Aufmarsch surrealistischer Figurinen in teils  überproportionierter Symbolik. Phantastische Kostüm-Kreationen (Yan Tax) sowie die geniale Lichtregie (Joachim Klein) unterstrichen den visionären Charakter  ungemein, verstärkt ebenso durch bunte Video-Collagen (Peer Engelbracht) boten sie ein Optik- Gesamtbild intensiver Suggestion.

Der Komponist sah dieses Werk nicht als Oper sondern untertitelte seine Faust-Version als „dramatische Legende“ welche 1846 in rein konzertanter Form uraufgeführt wurde. Bei mancher gegenwärtigen  fragwürdigen Szenerie ziehe ich persönlich jene Aufführungs-Praxis vor, jedoch keinesfalls wie heute  während eines so effektiv-kontrastreichen Events.

Zum  Erfolg der umjubelten WA leistete natürlich von den Solisten abgesehen ganz entscheidend Roland Böer gewichtigen Beitrag. Man gewann den Eindruck, der Dirigent schien die rhythmische, feinziselierte Partitur zu lieben, denn Böer verhalf der typisch französischen Musik dezent parfümiert, voll Esprit und Leidenschaft zu akustischem Kolorit und vorbildlicher Präsenz. Das bestens disponierte und akkurat aufspielende Frankfurter Opern- und Museumsorchester schenkte mit seidenweichem Streicherklang den musikalischen Ruhezonen ebenso die vortreffliche Aussage, wie die bestens formierten Bläserfraktionen während der klar und exakt anvisierten eruptiven Passagen.

Tadellos ausbalanciert, höchst effizient zum orchestralen Klang fügten sich Chor und Exstrachor in die heikle Intonation und temperamentvoll-vertrackten Rhythmen ihrer Parts von Tilman Michael bestens vorbereitet.

Ein ehrenvoller Platz, gar auf den oberen Treppchen in der Reihe wirklich exzellenter Faust-Interpreten gebührt Giorgio Berrughi. Der italienische Tenor, international gefragt verhalf dem Titelhelden mit stilsicher korrektem, sehr ausgewogenem Vortrag zu vokal höchst anspruchsvoller Präsenz. Mühelos meisterte der Sänger die schwierige Partie mit klangvoller Mittellage seines herrlich timbrierten Materials, schenkte den zahllosen Spitzentönen der hohen Tessitura glanzvolle Momente und hielt zudem eine Vielzahl stimmlicher Nuancen und Schattierungen sowohl für den zweifelnden und liebenden Helden bereit.

Agil kontrastierte in bestechender Optik Kihwan Sim den facettenreichen Méphistophélés, schenkte  dem Verführer eine unwiderstehliche Eleganz, den teuflisch-verschlagenen Sarkasmus und verstand es ausgezeichnet, in großartiger Darstellung diesen Charakter zu profilieren. Sein herrlich flutender, wunderschön timbrierter, in allen Lagen bestens tönender Bassbariton schenkte vokale Wonnen der besonderen Art. Flexibel, rhythmisch erklang das Tanzlied, dynamisch-schwarze Töne voll dämonischer Kraftentfaltung waren dem exzellenten Sänger ebenso zu eigen.

Vorteilhaft rückte Brandon Cedel während der kurzen Szene des Brandner sein schönes markantes Bassmaterial ins rechte Licht.

In ungalanter Weise jedoch leistungsgerecht (in meinen Ohren) setze ich die Interpretation von Cecelia Hall als Schlusspunkt. Optisch verkörperte die junge Sängerin eine ideale liebreizend-naive Marguerite, ihr sprachlicher Ausdruck und ihre Phrasierung gaben der Partie bedeutungsvollen Ausdruck, jedoch erfüllten sich die musikalisch Erwartungen nur bedingt. Weich timbriert entfaltete sich ihr hoher Mezzosopran im Mittelbereich in angenehmer Fülle, weniger klangvoll gerieten dagegen die oberen höheren Bereiche, zudem ließ zuweilen die Tonalität der sympathischen Sängerin zu wünschen übrig.

Mit frenetischem Beifall und viel Jubel feierte das Publikum alle Beteiligten bis nach  zwei kurzen Durchgängen der Vorhang abrupt fiel. Opernfreunde aus nah und fern sollten eine der Folge-Aufführungen am 21./26. + 30. Juni keinesfalls versäumen.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

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