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FRANKFURT: I PURITANI

13.01.2019 | Oper


John Osborn (hier mit Brenda Rae, die aber bei dieser Vorstellung nicht gesungen hat). Foto: Barbara Aumüller

Frankfurt: „I  PURITANI“  –  12.1.2019

Vincenzo Bellinis letztes Meisterwerk hatte am 2.12. Premiere gehabt, und wurde an diesem Abend zum 10. (!) Mal in Folge gegeben, wobei es in dieser Woche noch eine letzte Aufführung geben wird. Der Regisseur Vincent Boussard hatte seine Inszenierung in der Entstehungszeit der Oper  bzw. zurzeit der Pariser Uraufführung 1835 angesiedelt, und sie quasi als Requiem für den nur 8 Monate danach verstorbenen Komponisten mit jeweils einem kurzen Prolog und Epilog versehen. Man musste nicht mit jeder von Boussards Ideen einverstanden gewesen sein, doch seine szenische Bildersprache imponierte, und die Sänger konnten, zwar mit manchen physischen Schwierigkeiten, weitgehend ungestört agieren und wirken. Auch akustisch kamen sie in einem dreistöckigen Rundhorizont (Bühnenbild: Johannes Leiacker) gut herüber. Die zur Sichtweise des Regisseurs passenden Kostüme stammten von Christian Lacroix.

Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester klang nicht optimal, machte seine Sache aber anständig. Der Dirigent Tito Ceccherini hatte alles souverän im Griff, sorgte für Spannung sowie melodischen Feinschliff, und bot eine so vollständige Fassung der Oper (Wissenschaftlich-kritische Ausgabe von Fabrizio Della Seta), wie man sie vermutlich noch nie gehört hat. Ich jedenfalls nicht, und auch der Sänger der tenoralen Hauptrolle versicherte mir, solch eine ausladende Version seiner Partie noch nie zuvor gesungen zu haben.


John Osborn. Foto: Barbara Aumüller

Dieser Tenor war John Osborn, ein ausgewiesener hochklassiger Exponent des Belcanto-Repertoires, der trotz der immensen Anforderungen des Lord Arturo Talbo bis zum Schluss mit feiner Nuancierung und ohne je ins Forcieren zu verfallen, formidabel sang. Vermutlich entsprach seine Leistung ziemlich genau der Gesangstradition des 19. Jhs. (wenngleich Giovanni Battista Rubini, der erste Arturo, die hohen Ds nicht mit Bruststimme gesungen haben dürfte). Die zweite, nicht aus dem Ensemble besetzte Partie war jene der Elvira mit der Tschechin Zuzana Marková, welche nach Brenda Rae im Dezember als Hausdebütantin in den drei Jänner-Aufführungen angesetzt war. Marková hatte alle Töne (einschließlich der eingelegten), klang in der Höhe kräftiger als darunter, und sang die ebenfalls überaus anspruchsvolle Partie sehr sicher. Die junge Dame war schön anzusehen, emotional ansprechen tat sie allerdings nicht.

Im Ensemble gab es keinen wirklichen Schwachpunkt, jedoch auch nicht wirklich Herausragendes. Immerhin sang der koreanische Bassist Kihwan Sim einen größtenteils imponierenden Sir Giorgio und gab Iurii Samoilov mit etwas trocken klingendem Bariton einen ordentlichen Sir Riccardo Forth. Da der ukrainische Sänger noch jung sein dürfte, könnte er bei entsprechender Entwicklung möglicherweise Karriere machen. Die neuseeländische Mezzosopranistin Bianca Andrew, ein Mitglied des Opernstudios, war eine gleichfalls ordentliche Enrichetta di Francia, und der amerikanische Tenor Michael Porter ergänzte solide als Sir Bruno Roberton. Infolge einer Erkältung konnte der englische Bassist Thomas Faulkner den Lord Gualtiero Valton nur spielen, während der Isländer Magnús Baldvinsson die ohnehin nur kleine Partie am Bühnenrand vom Blatt sang. Der Chor der Oper Frankfurt (Leitung: Tilman Michael) klang sehr gut.

Eine Aufführung, die wegen der gespielten Fassung sehr interessant war, und in der Leistung von John Osborn absolute Spitzenqualität besaß.

Gerhard Ottinger

 

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