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Frankfurt: DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK

10.07.2014 | Oper

Frankfurt:
DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK
09.Juli 2014

Diese relativ selten aufgeführte Oper „Die Ausflüge des Herrn Broucek“ von Leos Janacek war seine dritte Oper, hatte ihre UA 1920 in Prag und 2008 in der Oper Frankfurt ihre Premiere. Zur letzten WA der Saison besuchte ich die neunte Aufführung hier am Hause.

Axel Weidauer führte Regie und Moritz Nitsche besorgte die sparsame Deko auf fast leerer Bühne: rechts ein karges Biergartenmobiliar mit bunter Lichterreihe, zur Mondreise des Protagonisten im Vollrausch gesellten sich höchst skurrile Bewohner des Planeten in grotesk-farbenreicher Kostümierung (Berit Mohr). Seltsam skizziert die zweite Traumreise Brouceks in das Prag der Hussiten um 1420. Der Antiheld, ein Spießer, ein gutmütiger Schweijk-Typ, ein versoffener Phantast, verirrte sich im Alkoholnebel in futuristische Welten.

Arnold Bezuyen war bereits in der Premiere der Titelheld und kehrte mit dieser Verkörperung wieder nach Frankfurt zurück. In mitteilsamer Diktion spannte der dunkel fundierte Charaktertenor die musikalischen, vielschichtigen Bögen mit Noblesse und bester Manier. Fast alle der weitläufigen Sängerzahl waren mit Dreifach-Besetzungen, kleineren Stichwort gebenden Rollen, betraut.

Den solistischen Sopranparts der Malinka/Etherea/Kunka schenkte Juanita Lascarro Individualität, bezaubernde Optik und erfüllte die facettenreichen Figuren mit angenehmen Tongebungen. In jugendlicher Frische absolvierte Anna Ryberg die zweite Sopranrolle ebenso mit drei diversen Figuren, lediglich Katharina Magiera war die mit Mezzokanten gesungene Einzelfigur der Kedruta zugedacht.

Lyrisch tenoral gaben Peter Marsh, Ales Briscein, Michael McCown, Beau Gibson in der Herrenriege die zugedachten Töne an, Andreas Bauer, Björn Bürger und Simon Bailey steuerten die sonoren, schönstimmigen Bass-Baritonklänge bei. Vokal präsent in bester Agilität fügte sich der Opernchor unter seinem neuen Direktor Tilman Michael in das turbulenzreiche Geschehen.

Am Pult des aufmerksam und trefflich musizierenden Frankfurter Museumsorchesters waltete umsichtig Johannes Debus und schenkte der vielschichtigen, melodienreichen, rhythmischen Partitur die emotionale und folkloristische Grundlage. Souverän steigerte sich Debus auch in die aggressiven Ansätze, die dynamischen Differenzierungen, provokanten und weniger harmonischen Klänge der Tongebungen.

Eine vor allem im musikalischen Bereich sehr interessante Aufführung, leider zeigten sich nach der Pause im Parkett große Lücken (vermutlich wollte man pünktlich zum WM-Spiel an den heimischen TV), doch feierten die Verbliebenen alle Beteiligten mit Bravos und starkem Applaus.

Gerhard Hoffmann

 

 

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