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FRANKFURT: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER – ein Holländer ohne Holländer

25.05.2017 | Oper

Holländer ohne Holländer

Der fliegende Holländer
Oper Frankfurt
25. Mai 2017, Nachmittagsvorstellung

Es gibt Regiearbeiten, wenn der Zuschauer davon eine Produktion gesehen hat, dann kann er sich auf wiederkehrende Stilelemente verlassen. Bei David Bösch spielen die Inszenierungen in einer gegenwärtigen Zeit, es wird geraucht und Feuer sieht er auch gerne auf der Bühne.

In der diesjährigen Wiederaufnahme seiner Inszenierung von Wagners „Fliegendem Holländer“ ist demzufolge natürlich keinerlei romantische Sichtweise zu erwarten. Der Holländer und seine Mannschaft ist eine Rockergang! Und die heißt? Na? Richtig: The Flyying Dutchmen! Huih, wie gruselig……….für wen?

Der Holländer, ursprünglich gedacht als ein gequälter Getriebener mit dämonischer Ausstrahlung, mutiert hier zu einer herunter gekommenen Clochard-Gestalt. Klar, dass er da nach seinem Monolog erst mal eine rauchen muss! Erik kommt auf einem Moped daher. Ach ja…., den Rest spare ich mir. Diese Inszenierung ist nicht der Rede wert. Sie tut nicht weh und wirkt oft um kluge Einfälle verlegen. Wer heutige Bilder sehen möchte, kommt auf seine Kosten. Wer in Wagners mystische Welt eintauchen möchte……, der bleibt besser daheim.

Bildergebnis für oper frankfurt der fliegende holländer
Erika Sunnegardh als Senta. Foto: Barbara Aumüller

Erika Sunnegardh war wieder als Senta zu erleben. Sie traf sehr gut den Charakter der Figur und sang diese fordernde Partie weitgehend sicher, wenngleich manche arg aufgerissene Höhe und die mäßige Textverständlichkeit, den Eindruck trübten. Andreas Bauer als Daland klang zuweilen etwas knödelig. Aber er setzte sehr gekonnt seine Pointen, agierte darstellerisch ungemein präsent und spielte seinen Holländer-Kollegen völlig an die Wand. Vincent Wolfsteiner war ein überaus engagierter Erik mit teilweise kehliger Tongebung. Diese verleiht seiner Stimme oft einen charaktertenoralen Klang. Davon abgesehen zeigte er einen Erik in großer Verzweiflung und kniete sich mit großer Spielfreude in seinen Text. Warum gerade er aus dem Publikum ein „Buh“ erhielt, ist Ausdruck einer mehr als geistigen Fehlleistung des Unmut-Senders!
Maria Panthiukova war eine sehr gegenwärtige und ungewöhnlich junge Mary, ohne jegliche Hintergründigkeit. Michael Porter erfreute als stimmschöner Steuermann.

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 Iain Paterson als Holländer. Foto: Barbara Aumüller

In dieser Wiederaufnahme stellte sich erstmals Iain Paterson als Holländer vor. Ein Sänger, der an großen intenationalen Häusern die großen Wagner Partien singt. Warum? Um es vorweg zu nehmen. Welche Enttäuschung! Was für eine Fehlbesetzung! Eine zwar manchmal kernige Stimme, die aber in den geforderten Höhen, vor allem im Duett mit Senta und viel zu oft im 3. Aufzug überfordert klang. Leider blieb er die enorme Farbskala dieser so faszinierenden Partie sprachlich alles schuldig. Sicher, er nutzte im großen Duett mit Senta so manchen Piano-Effekt. Aber vor allem im Monolog blieb er unfassbar ausdruckslos und blass.  Keine Spur von Schmerz, Verzweiflung oder Bitterkeit. Wenn der Interpret des Holländers schon einen Satz, wie „Dann werde ich in Nichts vergehn“ vier Mal singt, ohne auch nur einen Akzent zu setzen oder diesen zu verändern, dann agiert er im gestalterischen Nichts. Zu keinem Zeitpunkt entstand der Eindruck, dass der Text verstanden wird. So reihten sich Töne an Töne beziehungslos aneinander. Darstellerisch auch ein Ausfall. Kaum eine gefühlte Geste, der Gesichtsausdruck meist leblos. Vielmehr erinnerte sein gesamter Auftritt an einen abgehalfterten Chief-Inspektor Flying Dutchman! Selten wurde ein Interpret vom Publikum derart „kalt“ in Empfang genommen, d.h. reduzierter „Höflichkeitsapplaus“, mehr nicht. Gerade in Frankfurt schmerzte eine solche Leistung, wo grandiose Stimmen wie Rudolf Constantin gerade in dieser Partie unerreichbare Maßstäbe setzten!

Herausragend Chor und Extrachor der Oper Frankfurt. Fulminant im Zusammenklag, dazu präzise artikulierend. Eine große Leistung!

GMD Sebastian Weigle leitete erstmals den „Holländer“ in Frankfurt und entschied sich in seiner Interpretation für keine romantische Lesart. Er betonte die Schroffheiten, musizierte sehr energisch, immer vorwärts drängend. Das war eine echte „Sturm und Drang“ Musik. Herrlich und hingebungsvoll ausgeführt. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester folgte seinem musikalischen Leiter vorbildlich. Die Instrumentengruppen intonierten sauber und überaus engagiert. Völlig zu Recht erhielt das Orchester und sein Dirigent mit Abstand den meisten Beifall.

Das Publikum im ausverkauften Haus reagierte mit anerkennender Begeisterung, die bei Paterson merklich verebbte.

Dirk Schauß

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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