Frankfurt: Das schlaue Füchslein 24.4. 2016 Premiere
Louise Alder. Copyright: Barbara Aumüller
Das schlaue Füchslein wird in einer ganz phantastischen, Märchen- und reale Welt überlagernden Aufführung gezeigt, wobei auch eine psycho-soziale Komponente nicht zu kurz kommt. Sie ist eines der späteren Opern Leos Janaceks, die 1924, also zur Zeit von Impressionismus und Expressionismus, herauskommt, und in der die Psychoanalyse Siegmund Freuds schon en vogue kam. Janacek selber hatte als bereits älterer verheirateter Mann eine Liebesgeschichte mit der ca.30 Jahre jüngeren Kamila Stösslova, und aus dieser Amoure ist sicher auch einiges in die Oper eingeflossen. Die Musik wirkt unabhängig von den einzelnen Szenen immer höchst inspiriert, wobei sie auch leichtgewichtiger daher kommt wie bei den Vorgängern Jenufa und Katja Kbanova, wenn auch die schmerzhaften Einschnitte mit entsprechend harmonisch scharfen avantgardistischen Klangmitteln begleitet werden.
Das Frankfurter Orchester spielt unter dem Dirigenten Johannes Debus, der in Frankfurt und anderswo auch viel Neue Musik gemacht hat, mit einem dunkel aus dem Graben empor strömenden brillantem Ausdruck, und es entsteht ein sinnlich unendlicher Melodiefluss, wenn es sich dabei auch um ineinander verwobene Motive und eine dem Szenenaufbau angepassten Struktur handelt.
Die Regisseurin Ute M.Engelhardt hat in ihrer Interpretation die menschlich psychologischen Elemente des ‚Füchslein‘ aufgewertet und geschärft, wobei man aber auch nicht vergessen darf, dass der Fuchs sich gern an die menschliche Sphäre anschließt. In der Anfangsszene stellt der Wald mit den Tieren einen schmalen länglichen Streifen wie ein Guckkasten dar in einem Ensemble von bungalowartigen Kleinlofts aus Beton und einem vorgelagerten Café- Außenbereich. (Bb.: Stephanie Rauch) Das vermenschlichte Fuchsmädchen läßt sich nach etwas kokettem Widerstand gern vom Jäger einfangen, gerät dann in der bürgerlichen Enge von dessen Kleinfamile schnell in Konflikt. Es wird nach seiner ersten Menstruation nach einem Kampf mit dem Hahn im Traum blutig gezeigt, was zu seiner Flucht aus dem Försterhaus führt. Die Szene mit dem heterophoben Pfarrer wird von Engelhardt von einem Ballett dickleibiger Frauen im Bikini begleitet, und der Pfarrer wird von dem Füchslein aus seiner Wohnung vertrieben, wo es sich selber als Sprayerin einnistet. Da nimmt die Regie richtig Fahrt auf, wenn auch der junge Lehrer radelnd auf einem vom Bühnenhimmel hängenden Fahrrad immer seiner verflossenen Fraundin hinterher radelt, die selbst in einem transparenten perspektivischen braun-weiß-Video ihm voraus fährt.
Im 3.Akt tritt noch der Wilderer Haraschta auf, dem die Aufgabe zufällt, das Füchslein nach einer Eskapade mit einem Liebeshalsband zu töten. Um das zu verzögern, bemüht er er vorher noch das Volksliedgut, begleitet vom Füchsleinchor der von Schlaukopf nach seiner Heirat geworfenen Jungfüchse. Der Förster sinniert dem Tod des Füchslein nach, das durch seine anarchischen Unverfrorenheit und mit seinem Freiheitsdurst sein Leben verändert hat. Das bringt Engelhardt in der Schlußszene auf den Punkt, in dem der Förster gefühlte 15 Minuten unter einer „Himmelsdusche“ steht. Da kommt noch der Frosch in Gestalt des Kindes Isabel Casa-Rama in grünblau phantastischer Gewandung, wie auch Grille und Heuschrecke, dazu (Kost.: Katharina Tasch), sowie mit Taucherbrille und Flossen. Der Frosch steckt dem Förster mit piepsigem Gesang auf dessen Frage, dass sein Großvater ihn wohl gekannt habe.
Louise Alder, Jenny Carlstedt. Copyright: Barbara Aumüller
In den Kleinrollen kommen Nora Friedrichs (Schopfhenne), Britta Stallmeister (Hahn) . Michael McCown (Gastwirt Pasek), Nina Tandarek (Dackel, Specht) und Joanna Krasuska-Motulewicz (Försterin, Eule) zum Zug. Sebastian Geyer verleiht seinem gut klingendem Bariton auch in einem Strophenlied mit dem Fuchs-Kinderchor Ausdruck. Den Befindlichkeiten des Pfarrers mit Kronen-ähnlicher Kopfbedeckung gibt Magnus Baldvinsson mit knorrigem Baß Expression. Den Schulmeister auf seinem Rad singt Beau Gibson mit flötendem Tenor. Den etwas gelackmeierten Fuchs als Bräutigam gibt Jenny Carlstedt mit leicht perlendem Mezzo. Der Bariton Simon Neal ist der Förster, der eine Palette zwischen Strenge und Zuneigung zum Füchslein als attraktiver Mann gut ausspielt und dabei einen fein timbrierten Bariton aufweist. Die Titelfigur wird von Louise Alder als Kindfrau super gespielt und enorm musikalisch gesungen. Sie singt eine animierenden Partie mit mit einem korrekt nervös vorgetragenen bis süßlichem Timbre in ihrer bauchfreien Rothose.
Friedeon Rosén