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FRANKFURT: DAPHNE – letzte Vorstellung der Serie

Musikalisch und szenisch eine überzeugende Darbietung

21.02.2019 | Oper

Oper Frankfurt, Daphne, letzte Vorstellung vom 20.02.2019

Musikalisch und szenisch eine überzeugende Darbietung

Regie: Claus Guth, szenische Wiederaufnahme: Benjamin Cortez, Bühne und Kostüme: Christian Schmidt, Licht: Olav Winter, Dramaturgie: Norbert Abels

Bildergebnis für Oper frankfurt daphne
Foto: Barbara Aumüller, Jane Archibald (Daphne), Corinna Schnabel (alte Daphne)   

Bekanntlich war für den Komponisten der Textdichter Gregor nur eine ungenügende Lösung, nachdem der eigentliche Favorit, Stefan Zweig, wegen der damaligen politischen Lage, nicht zur Verfügung stand. So entstand ein Konzept, das den Komponisten nicht restlos befriedigte. Bei dem römischen Dichter Ovid wird in seinen „Metamorphosen“,  die Nymphe Daphne auf eigenen Wunsch in einen Lorbeerbaum verwandelt, um den erotischen Nachstellungen von Apollo, dem griechischen Sonnengott, zu entgehen. Für eine szenische Deutung ist dieses Skript eine schwierige Option. Claus Guth hat sich dieser Aufgabe gestellt und eine moderne, zeitlose Alternative aufgezeigt. 

Schicksalhafte Erinnerungen der Titelfigur

Gleich zu Beginn sieht man eine gebrechliche alte Dame, die nachdenklich ein zerfallenes Gebäude betrachtet, das einmal ein herrschaftliches Anwesen war. Dabei werden Erinnerungen aus früheren Zeiten wach. Der Zuschauer hat schon längst erkannt, dass es sich bei der Frau um die Titelfigur handelt. Man spürt instinktiv, dass sie von Schicksalsschlägen nicht verschont geblieben ist.  Die folgende szenische Wiedergabe sind demnach Erinnerungen aus der Sicht der alten Dame Daphne, die für den Zuschauer real wiedergegeben werden. Somit erklärt sich, warum die „alte Dame Daphne“, hervorragend gespielt von der Schauspielerin Corinna Schnabel, überwiegend auf der Bühne präsent ist.

Die folgenschwere Begegnung mit Apollo und Leukippos, die beide erotische Beziehungen zu Daphne herstellen möchten, bereiten ihr erhebliche psychische Leiden. Erschwerend kommt noch hinzu, dass sie glaubt, mitschuldig am schicksalhaften Ende von Leukippos zu sein, der bei der Auseinandersetzung der Rivalen tödlich verletzt wird. Ursächlich könnten bei der jungen Daphne für ihre sensiblen Reaktionen autistische Merkmale ausschlaggebend sein. Die Regie erzählt in subtiler Form den Missbrauch der Gefühle einer jungen Frau und verzichtet dabei auf gewalttätige Aktionen. Auslösender Moment ist nur ein Kuss, der zwischen den Protagonisten stattfindet. Trotzdem begreift der Zuschauer, welche seelische Leiden Daphne ertragen muss. Am Ende schließt sich der Kreis, wenn die alte Dame ihr früheres Zuhause verlässt. Übrig bleibt das verfallene Anwesen, das allmählich von der Natur zurückerobert wird.

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Foto: Barbara Aumüller, Andreas Schager (Apollo), Jane Archibald (Daphne), Peter Marsh (Leukippos)    Daphne betrauert ihren toten Jugendfreund Leukippos

 Insgesamt hat die Regie mit ihrer transparenten und modernen Sichtweise, eine spannende, bewegende und ästhetische Produktion geschaffen, die zurecht vom Deutschen Bühnenverein ausgezeichnet wurde.

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Foto: Barbara Aumüller  Andreas Schager (Apollo), Jane Archibald (Daphne)

 Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Stefan Blunier  und der Chor unter der Leitung von Tilman Michael

Stefan Blunier kennt das Orchester und dieses Werk bestens, denn er hatte an diesem Hause erfolgreich im Jahre 2013/2014 in einer Wiederaufnahme von Daphne mehrmals die musikalische Leitung übernommen.

Der Chor unter der Leitung von Tilman Michael agierte lautstark, derb und manchmal choreographisch im Einklang mit dem Orchester.

Die Partitur weist neben den dramatischen Stellen, viele auf die Titelfigur zugeschnittene lyrische und höchst emotionale Passagen auf, die bei  entsprechender Ausführung das typische Klanggebilde des Komponisten bilden. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester hat dies in beeindruckender Form realisert. In Verbindung mit der szenischen und vokalen Umsetzung hinterließ die Vorstellung bei den Besuchern einen gefühlsbetonten, aber auch wehmütigen Eindruck, weil es sich um die letzte Vorstellung handelte.

                                     Apollo  –   Daphne –  Leukippos

Die Partie des Apollo gehört zu den anspruchsvollsten heldenhaften Tenorstimmen, die Richard Strauss je komponiert hat. Vielleicht glaubte er, dass ein Gott Übermenschliches leisten kann. Der Sänger muss sich ständig  im oberen schwierigen Tonbereich bewegen. Es gibt nicht viele Gesangssolisten, die dieses Wagnis eingehen. Andreas Schager hat an diesem Abend überzeugend die gesanglichen Hürden mit Bravour gemeistert. .

 Für die Titelfigur war die überaus erfolgreiche Sopranistin Jane Archibald, zuständig. Ihre Stimme verfügt neben einer sicheren Höhe, einem ausdruckstarken, kraftvollen Stimmmaterial und einer Technik, bei der die Stimme niemals forcieren muss. Sie hat die kraftraubende Partie bis zum Ende ohne Verschleißerscheinungen bewältigt, eine bewundernswerte Leistung. Zurecht wurde sie mit dem entsprechenden Beifall belohnt.

Leukippos, Peter Marsh, hat mit seiner lyrischen Stimme, der Figur ein bestechendes Profil gegeben.

Die Eltern der Titelfigur, Gaea, Tanja Ariane Baumgartner und Peneios, Patrick Zielke, überzeugten  mit großem Stimmvolumen.

Die übrigen Solisten:

Schäfer: Dietrich Volle, Jaeil Kim, Barnaby Rea, Mikolai Trabka. Mägde: Julia Moorman, Bianca Andrew. 

 Mit der Absetzung der großartigen Oper Daphne, die mit ihrer  farbenreichen Instrumentation vergleichbar mit “Capriccio” ist, wird Platz gemacht für neue Produktionen, gemäß den Worten von Richard Wagner: Kinder schafft was Neues.

 

Franz Roos

 

 

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