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FRANKFURT/ Bockenheimer Depot: LA GAZETTA von G. Rossini. Premiere

03.02.2020 | Oper

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Matthew Swensen, Mikolaj Trabka, Elizabeth Sutphen;  (c)   Barbara Aumüller

Frankfurt: La Gazzetta  von G. Rossini-  2.2.20   Premiere

Bei diesem Dramma per musica in zwei Akten nach C.Goldoni handelt es sich um eine heute nahezu vergessene Oper. Giacomo Rossini, schrieb sie in der Zeit seiner auch heute vielfach gespielten Buffo-Opern Barbiere di Siviglia und Cenerentola 1816 für Neapel z.T in neapolitanischen Dialekt. Damals, wo es ja noch kein festgeschriebenes Urheberrecht gab, kopierte Rossini sich auch gern selbst, um seinen vielfältigen Aufträgen nachzukommen. So besteht ‚Gazzetta‘ aus etwa 60% dafür Komponiertem, der Rest ist aus anderen Opern des Schwans von Pesaro. Z.B. die Ouverture, die ursprünglich für Cenerentola konzipiert war. Zudem ging die Originalkomposition des Schlußquintetts des 1.Aktes verloren und wurde erst vor kurzem in Palermo wiederentdeckt, was der ‚Gazzetta‘ auch nicht gerade zur Verbreitung diente. Aber mit der jetzigen Frankfurter Erstaufführung in Bockenheimer Depot steht dieser ja nichts mehr im Wege, denn ein gelungener Anfang ist gemacht.

In einem Vorstadtbahnhof von Paris warten alle auf die Zeitung. Der neureiche Don Pomponio hat darin eine Anzeige lanciert, in der er seine Tochter Lisetta ohne deren Wissen zur Verheiratung anbietet. Sie ist aber bereits ‚unstandesgemäß‘ mit Filippo, dem Gastwirt des Hotel Adler, verbandelt. Im Adler sind auch Anselmo und seine Tochter Doralice, die Reisenden Alberto und Monsu Traversen, sowie die dort im Hintergrund agierende Madame La Rose abgestiegen. Alberto verliebt sich in Doralice, stößt aber auf Widerstand bei Anselmo, der seine Tochter schon dem vermögenden Traversen versprochen hat. Jede/r geht seinen Eigeninteressen nach, was zu haarsträubenden Verwandlungen und Irrtümern führt. Endlich setzen die Verliebten den Plan um, demgemäß sich die Damen bei einem Kostümfest von ihren Angebeteten entführen lassen, was die jeweiligen Väter wegen deren Verkleidungen nicht mitbekommen. Dann heiraten sie und stellen und stellen die Väter vor vollendete Tatsachen.

Die in Frankfurt schon öfter hervorgetretene Caterina Panti Liberovici inszeniert die Geschichte wie eine Farce. Auf dem einfachen Podium des Depots fahren öfter verschiedene einfache Bühnenbilder herein, die den Bahnhof, das Hotel, ein Cafehaus oder den Festsaal charakterisieren (Bühne Sergio Mariotti). Dazu drei Plüschsessel eher noch aus dem Fin de siecle, dann aber ein goldenes 20er-Jahre Lautsprecher-Grammophon, wie auch die Kostümierung der Damen ganz den Goldenen 20er Jahren entsprechen. in diesem Ambiente hecken sie, ganz lasziv in die Sesseln geflezt,  die Verwirklichung ihrer eigenen Heiratspläne aus, wobei die erfahrenere Madame La Rose ihnen behilflich ist. Die autoritären  Väter geben aber nicht schnell klein bei, besonders Pomponio ist dabei als ganz köstliche aufsässige Buffo-Figur gezeichnet. Bei seiner Umkleidung für die Kostümfete wird ihm eine Hose verweigert, so daß er sich ein ‚freies‘ Tutu überziehen muß. Die Damen sind hier als Showgirls mit großen Federboas auf den Köpfen verkleidet (Kost.: Raphaela Rose). Sehr witzig wird als Verzögerung ein Duell mit vielen Kombattanten angedeutet, wobei auch mit den hereingetragenen Waffenkisten bezeichnend herumhantiert wird.

Auch musikalisch ist es ein großer Rossini-Spaß, der von Simone Di Felice (bei den Kurzrezitativen auch am Hammerklavier) lebhaft dirigiert wird. Ein überschaubares Orchester spielt dabei immer höchst animiert. Das 10köpfige Vocalensemble ist am Bahnhof und in der Ballszene mit von der Partie, alles unterschiedlich gezeichnete Typen, die herzhaft Rossini singen. 

Don Pomponio ist Sebastian Geyer, vielleicht mit seiner bedeutendsten Partie in einer langen Reihe im Laufe seines Frankfurter Engagements. Er stellt sich als Erzkomödiant heraus und setzt seine wohlklingenden exponierten Bariton ganz exzellent ein. Lisetta entpuppt sich mir als die wahre Strippenzieherin; es ist Elizabeth Sutphen, eine Koloratursängerin höchsten Grades. Szenisch sehr agil, weiß sie ganz genau, was sie will, stellt auch ihren Filippo auf die Probe und sich ihrem altmodischen Papa fulminant entgegen. Mit einem glasklaren Timbre setzt sie ihren Sopran ganz spielerisch ein.  Den Filippo stellt Mikolai Trabka mit schon fast autoritativem schwarzem Bariton, der in den ganzen Wirren prächtig hervorscheint.Die Doralice der Angela Vallone kann mit einem warmen innigen Sopran überzeugen und trägt schwarzen Bubi-Haarschnitt. Ihr Prinz ist der amerikanische Tenor Matthew Swensen, der eher niedlich herüber kommt und seinen klangvoll jung-lyrischen Tenor gewinnend einsetzt. Bei der Fete kommt er mit damenhafter 20er Jahre Kopfbedeckung daher. Die 3.Dame Madame La Rose erscheint in der Inszenierung eher wegen der Schönheit dazusein, und um die anderen Mädchden hold zu trösten. Nina Tarandek stellt einen besonders hübsch timbrierten Mezzo und singt dabei wunderbare Koloraturen. In der Rolle des Monsu Traversen tritt Danylo Matviienko als starker Bariton auf. Einen Baßbariton gibt es auch. Es ist der Doyen der Frankfurter Oper Franz Mayer, und er verkörpert den Vater Anselmo mit unverwechselbaren Passagen. Einen ‚Passepartout‘ tritt auf, er spielt wohl hauptsächlich den Kellner in teils grotesken gedrehten Bewegungen: Martin Georgi.

Friedeon Rosén

 

 

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