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FRANKFURT/ Alte Oper: „PHILHARMONIA ORCHESTRA LONDON – ESA-PEKKA SALONEN“

04.03.2019 | Konzert/Liederabende


Esa-Pekka Salonen. Foto: Tibor Pluto

Frankfurt / Alte Oper: „PHILHARMONIA ORCHESTRA LONDON – ESA-PEKKA SALONEN“ – 03.03.2019

Wiederum beehrte das Philharmonia Orchestra London unter der Stabführung von Esa-Pekka Salonen die Alte Oper und eröffnete den Konzertabend mit Vorspiel und Liebestod  zu „Tristan und Isolde“ (Richard Wagner).

Harmonisch distanziert führte Esa-Pekka Salonen das bestens disponierte englische Orchester ohne überzogene Emphase durch Wagners Klangkosmos. Transparent, aufwühlend, leuchtend  steigerte der Dirigent das Vorspiel in Wellen grandios formativ in die Steigerungen der Liebesekstase, ließ die Musik herrlich fließen, atmen, frei strömen und schenkte dem Liebestod brillante herrliche Zwischentöne um im finalen Klangrausch seraphisch zu verhauchen, man verlor sich regelrecht im narkotischen Sog dieser genialen einzigartigen Musik.

Gewissermaßen ist das „Streichsextett op. 4 – Verklärte Nacht“ eine Transzendenz von Wagners Tristan, lediglich ins Kammermusikalische übertragen. Die Auseinandersetzung mit Arnold Schönberg und seiner Schreibweise sorgte und wird immer wieder Diskussionen hervorrufen, ganz besonders bezüglich des jeweiligen Hörergeschmacks. Mich persönlich begeisterte der Musizierstil, der herrlich breitgefächerte Streicherklang des POL in seiner satten Farbigkeit, im elegischen musikalischen Dahinfließen dieser „verklärten“ Komposition. Von „kammermusikalisch“ konnte in dieser wunderbaren orchestralen Formation keine Rede sein, zart filigran entwickelte sich das symphonische Aufstreben im schwerblütigen Diskant der dimensionierten Grundstimmung um in elegisch-filigraner Instrumentierung zu entschweben.

Das Publikum schien wie ich begeistert und bedachte Dirigent und Orchester mit sehr langem Beifall.

Nach der Pause folgte der konträre Mittelpunkt des interessanten Programms nämlich die „Siebte Symphonie“ von Anton Bruckner, zählt dieses Werk doch zu meinen symphonischen Favoriten und ich fieberte ihr regelrecht entgegen und wurde in überreichem Maße verwöhnt.

Esa-Pekka Salonen versuchte sich in keiner Weise als Neuerer, sein Bruckner-Stil blieb stets traditionell der Partitur verpflichtet. In unglaublich präzisem Aufbau führte der einfühlsame Chefdirigent sein prächtig musizierendes Philharmonia Orchestra in die breiten Paletten des Bruckner´schen Mysteriums und animierte den famosen Klangkörper und insbesondere die Blechfraktionen in einen atemberaubenden Klangrausch der überwältigenden Architektur des Allegro moderato.

Sehr bewegend zog das Adagio vorüber, wurde allen Emotionen gerecht, war der Komponist doch vom Tode Richard Wagners sehr betroffen und schrieb die Noten bar dieses traurigen Ereignisses. Im Zentrum des Adagios, der Grundierung zwischen Tonika und Dominante basierend, erscheinen in Verknüpfung Dimensionen diverser Melodienmodelle.

In formaler Transparenz und aufstrebender Instrumentation verstand es Salonen mit dem vorzüglichen Klangkörper den Aufbau von Rondo und Sonatensatz akustisch derart zu demonstrieren, dass man ein emotionell motiviertes Klangbild zu vernehmen glaubte, welches regelrecht Gänsehaut produzierte. Die Musik bewegte bar dieser wunderbaren Interpretation umso mehr, offenbarte den phantastischen Kosmos des zum Himmel strebenden Melodien-Reichtums auf das Wunderbarste.

Schemenhaft muteten die Mischklänge des Scherzos im Miteinander der Violinen und tiefen Streicher an, der Föten im kalkulierten Überschwang, dennoch atmete das komplexe Musizieren einen Hauch pneumatischer Fazilität. Immer wieder überraschte die hohe symptomatische Qualität des Philharmonia Orchestra aufs Neue und präsentierte sich im akkuraten Gesamtklang aller Gruppierungen zum musikalischen Hochamt dieser traditionsreichen Institution.

In alles überstrahlender Homogenität, in lebendigem Ausdruck setzte Esa-Pekka Salonen die thematischen Tendenzen Bausteinen gleich zur überragenden gesamten Klangentwicklung und führte konzentriert das vehement grandios aufspielende Instrumentarium nochmals zu orchestralem Pomp, zu individuell bedeutungsvoller Entfaltung. 65 Minuten berauschende symphonische  Hochspannung wurde vom begeisterten Publikum mit Ovationen bedacht.

Gerhard Hoffmann

 

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