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FRANKFURT/ Alte Oper: KONZERT OPERN- UND MUSEUMSORCHESTER – Guerrero; Bouchkov (Violine) (Chatschaturjan, Ravel, Rimskij-Korsakov)

17.01.2023 | Konzert/Liederabende

Besuchtes Konzert in der Alten Oper Frankfurt am 16. Januar 2022

Maurice Ravel (1875–1937)

Alborada del gracioso

Aram Chatschaturjan (1903–1987): Konzert für Violine und Orchester d-Moll

Maurice Ravel: Rapsodie espagnole

Nikolai Rimskij-Korsakow (1844–1908): Capriccio espagnol op. 34

Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Marc Bouchkov, Violine
Giancarlo Guerrero, Dirigent

Spanisches Feuerwerk

Wenn ein Land besonders häufig musikalisch vertont wurde, dann ist es Spanien! Von jeher beschäftigte dieses so vielschichtige Land die Komponisten. Von daher war es eine besonders schöne Idee, dieses Spanien in den Mittelpunkt des aktuellen Konzertes der Frankfurter Museumsgesellschaft zu stellen. Als Kontrast gab es dazu die seltene Begegnung mit dem Violinkonzert des Armeniers Aram Chatschaturjan.

Zu Beginn erklang das kurze Orchesterstück „Alborado del gracioso“ von Maurice Ravel, das 1919 uraufgeführt wurde. Es ist eine orchestrierte Version eines der fünf Sätze seiner Klaviersuite „Miroirs“, die Ravel 1904–05 geschrieben hatte. Der spanische Titel könnte frei übersetzt „Morgenlied des Possenreißers“ lauten.  Ein „Gracioso“ war eine Figur aus der spanischen Komödie, die verschiedentlich als Hofnarr oder Clown beschrieben wurde, eben der klassische geniale Possenreißer.

Die Musik besteht aus zwei Abschnitten lebhafter Tanzmusik, getrennt durch einen rhapsodischen, ausgedehnten Gesang. Wie das Klavier-Original beginnt das Stück mit Imitationen von Gitarrenmusik, Klangexplosionen wechseln sich ab mit subtilen Soli, etwa im Fagott, welches die Titelfigur charakterisiert. Am Ende kulminiert alles in einem gewaltigen Schlussausbruch des gesamten Orchesters.

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Giancarlo Guerrero – Copyright: Kurt Heinecke

Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester hatte für diese spannende Musik einen hervorragenden Gast-Dirigenten verpflichtet. Aus Costa Rica stammt Giancarlo Guerrero, aktuell Chefdirigent des Nashville Symphony Orchestras und der Breslauer Philharmonie. Guerrero hat bereits international zahlreiche berühmte Orchester dirigiert und zahlreiche CD-Einspielungen vorgelegt. Sein Repertoire ist breit gefächert und mit vielen Raritäten angereichert.

Deutliche Akzente gleich am Beginn bauten eine große Spannung auf, die hinreißend aufgelöst wurde. Mit impulsiver Kraft und klarer Zeichengebung entfachte Guerrero ein farbenreiches Feuerwerk, welches vom hoch animierten Frankfurter Opern- und Museumsorchester kongenial ausgeführt wurde.

Der in der georgischen Hauptstadt Tiflis geborene Armenier Aram Chatschaturjan (1903-1978) war neben Sergej Prokofjew und Dmitrij Schostakowitsch einer der wichtigsten sowjetischen Komponisten der 1930er bis 50er Jahre. Das Konzert für Violine und Orchester entstand 1940 in gerade etwas mehr als zwei Monaten. Chatschaturjan war in der Entstehungszeit sehr lebensfroh gestimmt.

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Marc Bouchkov. Copyright: Nikolaj Lund

Solist des Frankfurter Abends war der belgisch-ukrainische Geiger Marc Bouchkov. Er ist Preisträger großer internationaler Wettbewerbe und weist eine internationale Karriere vor. Neben zahlreichen CD-Einspielungen wirkt er u.a. auch als Professor am Konservatorium in Liège. Er spielt auf einer kostbaren Geige der Geigenbauer Michelangelo und Bergonzi aus dem Jahr 1740.

Bouchkov musizierte mit technischer Makellosigkeit und gleichzeitig großer Einfühlung. Endlos war seine Kraft und hohe Präzision in den vielfältigen Anforderungen der Komposition. Gerade der endlos dahin mäandernde finale Satz fordert vom Solisten alle technische Kunstfertigkeit, die Bouchkov mit sehr lockerer Hand realisierte. Höhepunkt war sein herrlich vorgetragenes Kantabile im zweiten Satz, welches er mit tiefer Empfindung und warmer Tongebung vortrug.

Bestens unterstützt wurde er dabei vom abermals herrlich auftrumpfenden Frankfurter Opern- und Museumsorchester, welches von Giancarlo Guerrero mit feuriger Hand geleitet wurde. Das Publikum war begeistert und wurde mit einer Zugabe von Eugène Ysaÿe  bedankt. Erneut große Zustimmung aus dem Auditorium.

In der zweiten Konzerthälfte ging es dann wieder zurück nach Spanien. Maurice Ravels Klavierstück „Rapsodie Espagnole“ erschien 1908 in der Orchesterfassung. Spanische Tanzrhythmen und programmatische Angaben werden in dieser Komposition bildhaft miteinander verwoben. Musikalische Geheimnisse und hohe Sensibilität ergeben in dieser Komposition einen besonderen Reiz.

Guerrero begann spannend, geheimnisvoll mit geradezu sprechenden, aufblühenden Streichern, um die Nacht zu beschwören. Der leise ostinate Beginn der wiederkehrenden vier Töne, der aus dem Nichts entstand, ließ bereits hier erkennen, dass die Musik auf eine große Entladung zusteuert. Blitzsaubere Bläsereinwürfe und maximale Transparenz gaben seiner Interpretation eine große Klarheit. Im Kontrast dazu schärfte er die Tanzrhythmen, etwa im kompakt tönenden Fandango. Mit großer Sensibilität und auch wunderbar offensiver Klangentladung agierte das Schlagzeug und gab dieser vielschichtigen Komposition großen Effekt. Ein herrliches Zusammenspiel zwischen Dirigent und seinem Orchester.

Furioser Abschluss des Konzertabends war dann mit dem „Capriccio Espagnol“ des russischen Komponisten Nikolai Rimsky-Korsakow angesagt. Hierbei handelt es sich um eine fünfsätzige Orchestersuite, die auf spanischen Volksmelodien basiert und 1887 komponiert wurde. Das Werk begeistert durch seine bunte Orchestrierung. Intensiv wird auch hier eine große Schlagzeuggruppe eingesetzt. Dazu sind die Streicher mit vielen speziellen Techniken gefordert, wie z.B. in der Imitation von Gitarrenklängen im vierten Satz.

Einmal mehr war Giancarlo Guerrero ganz in seinem gestalterischen Element. Zu erleben war hier ein charismatischer Dirigent, der das Orchester sehr beherzt aufspielen ließ, ohne dass dieses permanent zur Zurückhaltung aufgefordert wäre. Ausgewogen in der Wahl der Tempi, betonte Guerrero Rhythmus und Farbgebung. Das Orchester konnte sich in kraftvollen Tuttiballungen umwerfend entladen und in den diffizilen Solo-Beiträgen begeistern. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester war somit ganz in Geberlaune und glänzte mit Bestleistungen in allen Instrumentalgruppen. Theatralik und klangliche Sensitivität waren überreich vorhanden. Sichtlich angetan dankte das Orchester seinem mitreißenden Gast-Dirigenten mit intensivem Fußgetrampel und Applaus.

Ein begeisterndes Konzert mit einem herausragenden Geiger und einem faszinierenden Dirigenten, den sich unbedingt die Oper Frankfurt für eine Opernproduktion sichern sollte.

Dirk Schauß, 17. Januar 2023

 

 

 

 

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