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FRANKFURT/ Alte Oper: „IVETA APKALNA-HR SINFONIEORCHESTER-ANDRÈS OROZCO-ESTRADA“ 

22.11.2019 | Konzert/Liederabende

Frankfurt / Alte Oper: „IVETA APKALNA-HR SINFONIEORCHESTER-ANDRÈS OROZCO-ESTRADA“  –  21.11.2019

Musikalisches Federvieh stand im Mittelpunkt des 4.Doppel-Konzerts des hr-Sinfonieorchesters in der Alten Oper, doch zunächst möchte ich die Gastsolistin und „Artist in Residence“ Iveta Apkalna würdigen.

Eine Königin der Interpretation hielt Hof am königlichsten aller Instrumente der Orgel. Schon mehrmals hatte ich das Vergnügen die meisterhafte Organistin zu erleben und heute bezauberte Iveta Apkalna mit dem „Orgelkonzert“ von Francis Poulenc.

Konzipiert wurde das Konzert vom Komponisten für Orgel, Streicher und Pauke welches eine Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Musikstile und Typen assoziiert ohne, dass sich der Eindruck eines beliebigen Sammelsuriums einstellte. Im Jahre 1936 komponierte Poulenc das Werk fand erst nach einem Jahr den rechten Zugang zu seiner Komposition und somit erlebte es seine UA 16. Dezember 1938 im Palais Singer-Poliniac in Paris.

Die lettische Künstlerin erwies sich wiederum als Tituralorganistin von Format und zog alle Register ihres Instruments in allen Variationen und faszinierte mit ihrem exzellenten Spiel. Ob nun im transparent elegischem Bereich oder im fundamentalen Fortissimo verstand es Apkalna strahlend, gleißend, rhythmisch in überschäumender Komplexität die choralartige Thematik aufzubauen und zu vermitteln. Es ist einfach faszinierend zu erleben welch brillante Klänge sie ihrem Instrument entlockt und das Auditorium mit expressivem Spiel verzaubert.

Großartig u.a. die finalen Passagen des Orgel-Konzerts mit elegischen Momenten, der kurzen Kadenz und dem ausufernden Finale.

Höchst effektvoll verstand es Andrés Orozco-Estrada mit seinem reduzierten hr-Sinfonieorchester die Solistin zu begleiten und auf vortreffliche Weise die Tonkaskaden nuanciert und farbenreich zu offerieren.

Die begeisterte Zustimmung wurde von Apkalna mit einer hinreißend interpretierten „Etüde“ zum Tanz der außer Rand und Band geratenen Orgelpfeifen bedankt.

Umrahmt wurde dieses ungewöhnliche Konzert von musikalischem Gefieder: zum Auftakt erklang die „Symphonie Nr. 83 La poule“ von Joseph Haydn. Nun in dieser einer seiner sechs Pariser Symphonien glaubten die Besucher der UA, bedingt durch die wiederkehrende Oboen-Figur das „Gackern eines Huhnes“ zu erkennen. Gefällig, straff im leicht ironisierenden Musizierstil erklang das Allegro,  ihm schloss sich das wunderschöne Andante an und Orozco-Estrada verstand es mit seinem bestens disponierten hr-S.O. diesem Satz eine betörende Aussage im weichen Orchester-Sound zu vermitteln. Anmutig, beschwingt kam das   Menuett daher und zu ländlichen Stimmungen in schier melancholischer Grundstimmung das Finale-Vivace.

Ein mehr oder weniger exotischer Vogel bildete den krönenden Abschluss und zwar „L´oiseau de feu“ (Igor Stravinsky). Der Komponist verband in seinem Ballett in zwei Bildern romantische Empfindsamkeit mit der typischen slawischen Rhythmik, vortrefflich instrumentiert in impressionistischen Couleurs. Andrés Orozco-Estrade verstand auf vorzügliche Weise dank seines brillant aufspielenden hessischen Elite-Orchesters jene musikalischen Feinheiten auf wirkungsvolle Weise detailliert, dynamisch in differenzierter Prägnanz umzusetzen. Drei Harfen waren aufgeboten, zwei Glocken jede Menge Schlagwerk, Trompeten von der hinteren sowie Seitenempore zauberten Klang-Raffinessen der besonderen Art. Der Orchesterapparat schien sinnbetörend zu flirren, glitzern, funkeln in üppiger orientalischer Farbenpracht präsentierte der temperamentvolle Klangmagier diese Musik voll poetischer Ausdruckskraft, mystisch, elektrisierend in betörender Melodik, unglaublicher Spannung und schien seine sichtbare Spielfreude auf das prächtig disponierte Orchester zu übertragen. Grandios dimensioniert fieberte das Instrumentarium der überwältigenden Finalapotheose entgegen und löste einen Sturm der Begeisterung aus.

Wow – was für ein Abend! Abwesende können sich von diesem Ereignis zur Rundfunk-Übertragung bzw. beim hr-Live-Stream überzeugen.

Gerhard Hoffmann

 

 

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