Alain Altinoglu/ SWR-Orchester. Foto: Anna Meuer
Frankfurt / Alte Oper: „GAUTIER CAPUCON-HR SINFONIEORCHESTER/ALAIN ALTINOGLU“ – 13.02.2020
Unter dem Slogan „Balletts Russes“ stand das Abo-Konzert des hr sinfonieorchesters in der Alten Oper unter der Stabführung des designierten neuen Chefdirigenten Alain Altinoglu.
Im Mittelpunkt des Programms stand der französische Cellist Gautier Capucon mit dem leider viel zu kurzen „1. Cellokonzert“ von Camille Saint-Saens.
Mit dem Überhandnehmen solistischer Virtuosität war die traditionelle Dreisätzigkeit der Solokonzertform in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem unzeitgemäßen Relikt der Klassik geworden. Als einer der ersten bemühte sich Camille Saint-Saens um jene neuartige Anordnung des musikalischen Materials, die er in seinem ersten Cellokonzert wie nach dem Violinkonzert verwandte.
Mit einem markanten orchestralen Tuttischlag wurde das Werk eröffnet gefolgt von intonierter Exposition des Cello mit dem Hauptthema. Gautier Capucon verlieh in bewegten Achteltriolen dem Allegro non troppo die Charakterzüge eines Perpetuum mobile und sparte nicht mit markig-kräftigem und dennoch elastischem Zugriff. Herrlich subtil-weiche warme Klangfülle entströmte seinem Instrument während der episodischen Momente des langsamen Allegretto welches ich dieser Piani-Version noch nie derart intensiviert erlebte, erfüllt von beseelter kontrapunktueller Virtuosität. In technischer Überlegenheit bestach Capucon in beindruckender Balance reizvoller Farbpaletten und expansibler Klangkultur und schenkte dem finalen Molto allegro überlegene Resonanz Den vorzüglichen reizvollen Kolorit lebendigen perfekten Musizierens. Feinfühlig, transparent, klangschön untermalte das hr sinfonieorchester unter der sensiblen Leitung von Alain Altinoglu dieses reizvolle kurze Werk. Nach 19 Minuten war der Zauber leider vorbei.
Die große Begeisterung des Publikums für den charismatischen Solisten wurde mit „Der Schwan“ ebenso von Saint-Saens belohnt, traumhaft schier entrückt interpretiert zur orchestralen Begleitung.
Eingebettet war das Konzert von dem eingangs gespielten „Uncut – Solo for Orchestra No. 7“ von Pascal Dusapin. Trompetenfanfaren eröffneten das expressionistische kurze Werk, in dessen Verlauf sich Blechbläserfraktionen mit Streichern im stets monotonen repetierenden Sequenzen sirenenhafte Duelle lieferten. Chapeau den brillant aufspielenden Musikern.
„Der goldene Hahn“ die satirische Parabel aus der Feder von Nikolaij Rimskij Korsakow erlebte als „Suite“ ihre Aufführung. Alain Altinoglu animierte das prächtig musizierende hr SO. zu funkelnder Orchestrierung, bot feine Farbschattierungen und schenkte den schroffen dynamischen Momenten der raffiniert instrumentierten Partitur, herrliche differenzierte plastische ausgefeilte Kontraste.
Zum Abschluss erklang in impressionistischen schillernden Couleurs die „Daphnis et Chloé – Suite No. 2“ von Maurice Ravel. Der französische Komponist und meisterhafte Arrangeur der Instrumentalkunst entwarf diese poetische in Wesenszügen elegische Musik in Verflechtung von Figuren der Mythologie und naturrealistischer Elemente. Großartig entfaltete das exzellent aufspielende hessische Eliteorchester den farbigen, harmonischen, melodischen Reichtum der drei Episoden Lever du jour-Pantomime-Danse générale in umwerfend elementarer Instrumentation. Orchestral so prächtig dargeboten hätte sich gut und gerne das ungekürzte Original gewünscht.
Mit Bravos und prasselndem langem Applaus wurde das Orchester und der bescheidene Dirigent gefeiert.
Gerhard Hoffmann