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FRANKFURT/ Alte Oper: „FRANK PETER ZIMMERMANN- HR SO.-ANDRÈS OROZCO-ESTRADA“

09.06.2017 | Konzert/Liederabende

Frankfurt: „FRANK PETER ZIMMERMANN- HR SO.-ANDRÈS OROZCO-ESTRADA“

Konzert in der Alten Oper 08.06.2017

Wegen eines familiären Trauerfalls musste der ursprüngliche Solist Leonidas Kavakos absagen, dadurch ergab sich auch eine Programmänderung und der renommierte Geiger Frank Peter Zimmermann konnte kurzfristig gewonnen werden. Statt Brahms stand nun das „Violinkonzert“ von Ludwig van Beethoven im Mittelpunkt des interessanten Konzert-Abends.

Frank Peter Zimmermann überraschte mit höchst präsenter Interpretation auf hohem Niveau, zeigte Feeling für das Melodische, sein Beethoven sang und floss, wohl wirkten die Kadenzen des Allegro ma non troppo im Piano-Forte-Kontrast eigenwillig, aber dennoch geprägt voll emphatischen Schwungs. Seine Bogenführung wirkte in jeder Phase herb, männlich ja fordernd keinesfalls radikalisierend jedoch erfrischend und interessant neu.

Leicht schwermütig im Touch erschien mir das Larghetto in feinen Schattierungen symbolisiert, wunderbar tonmalerisch erklangen die Empfindungen und zarten Übergänge. Im Rondo gewährte der famose Solist prägnant klare Einblicke in die variable Kunstfertigkeit seiner subtilen Bogenführung, den eigenwilligen Gestaltungswillen gleichwohl in lyrischen Bereichen oder den überbordenden Ausbrüchen mit dem hervorragend begleitenden Klangkörper. Andrés Orozco-Estrada mit seinem wunderbar aufspielenden hr-sinfonieorchester bildete auf wunderbare Weise den kongenialen Dialog mit dem Solisten und beide steigerten sich in eine sich prächtig entwickelte Aussage in schier nahtloser Feinabstimmung.

Die begeisterte Zustimmung des Publikums belohnte Zimmermann mit dem hinreißend rhythmisch, virtuos interpretierten „Prelude op. 23 Nr. 5“ von Serjej Rachmaninow.

Quasi als Ouvertüre sollte „Lontano“ (György Legeti) erklingen, war auch in Broschüren angekündigt, wurde jedoch aus (?) Gründen ersatzlos aus dem Programm gestrichen.

Nach der Pause erklang das Alterswerk von Bela Bartok „Konzert für Orchester“ mit seinen fünf Sätzen, welches der Komponist 1942 drei Jahre vor seinem Tode in Amerika schuf, dessen thematische Abschnitte aus bunten, einander jagenden Vorstellungen einer frei schweifenden Phantastik bestehen. Im Februar 1945, sieben Monate vor seinem Ableben überarbeitete Bartok das Werk nochmals und zwar insbesondere den letzten Satz. Beide Versionen wurden veröffentlicht und heute erklang die „erste“ Fassung aus dem Jahre 1943.

Schwermütig erklangen die tiefen Streicher des Introduzione im dunklen rezitativisch angestimmten Gesang welcher sich mit den hellen Violinen in einer nachschwingenden Bläserfloskel verlor. Nach kurzem Anlauf wurde das eigentliche Allegro erreicht, verlief frei rhapsodisch in seiner energischen Thematik und wandelte sich in reizvollen Varianten ab.

Andrés Orozco-Estrada bündelte mit dem akkurat instrumental aufspielenden hr-sinfonieorchester die drängenden Energien zu herbstlich melancholischen Stimmungen.

In prägnantem Rhythmus formierten sich Presentando dem Spiel der Paare zunächst dual Holzbläser und spielten die aufeinander bezogenen kurzen Themen an. Die Fagotte bildeten reizvolle Sextette, die Oboen leiteten die Terzen ein, die Klarinetten, Flöten und Trompeten schlossen sich in Intervallen an und bildeten einen regelrecht bunten Instrumental-Konfettiregen.

Melancholisch erhob sich Elegie der langsame Satz des Prologs der tiefen Streicher, gleich einer erschütternden Klage eines Menschen, der um die Ausweglosigkeit seines Schicksals weiß. Kurz vor Ausklang dieser Querele erklang die Solo-Arabeske der Flöte, um sich sodann echohaft in den folgenden Schlussklängen zu verlieren.

Der 4. Satz ein Intermezzo interotto führte als heiteres Gegenstück des Scherzos von der esoterischen Mitte des Werkes wieder fort. Die Oboe leitete mit schwebenden Takten in den Refrain einer ungarischen Volksweise vom vollen Streicherklang getragen.

Im Finale in dem das wirbelnde Perpetum mobile – Hauptthema mit einem Feuerwerk fugierter Passagen an volkstümlichen Melodien wetteiferte, ließ der temperamentvolle Dirigent sein unglaublich prägnant musizierendes Orchester nochmals gewaltig zum Furioso aufspielen. Ein greller Trommelwirbel, ein peitschender Beckenschlag, Themenfetzen wie ein Fanfarensignal von der Trompete heraus geschmettert und – Schluss.

Bedankt mit Bravos und prasselndem Applaus des wie elektrisierten Publikums.

Gerhard Hoffmann

 

 

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