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FRANKFURT/ Alte Oper. „DANIILTRIFONOV-PITTSBURGH. S.O. – MANFRED HONECK“

26.05.2016 | Konzert/Liederabende

Frankfurt: „DANIILTRIFONOV-PITTSBURGH. S.O. – MANFRED HONECK“ Konzert in der Alten Oper 25.05.2016

Daniil Trifonov-Manfred Honeck (c) Pro Arte FFM.
Copyright: Pro Arte FFM

Nach  Jahren der Abstinenz gab sich das Pittsburgh Symphony Orchestra während seiner Europa-Tournee wiederum in Frankfurt die Ehre und leitete den Konzertabend mit der „Coriolan-Ouvertüre“ (Ludwig van Beethoven) ein.

Etwas befremdlich in meinen Ohren setzte MD Manfred Honeck schroffe Akzente jedoch in zügigen Tempi interpretierte das amerikanische Eliteorchester den inneren Konflikt des titelgebenden Helden. Kräftig leuchten die Instrumentalfarben, perspektivenreich entfalteten sich die Bläser, wunderbar phrasiert artikulierten sich die tiefen Streicher zur finalen Verklärung.

Noch vor wenigen Jahren ein Newcomer, doch inzwischen zum Meisterpianisten avanciert spielte der junge russische Tastenzauberer Daniil Trifonov das „Zweite Klavierkonzert“ von Sergej Rachmaninow. Und wie er es spielt, mit aller nur wünschenswerten Perfektion! Trifonov verzichtet zum Wohle dieses „Ohrwurms“ vor allem auf alles spektakuläre Auftrumpfen zugunsten eines vorbildlich kontinuierlichen, geschmeidig-dichten und ausgewogenen Musizierens.

In schönsten warmen Farben und dennoch transparent und knackig präsentiert der 25-jährige Pianist das Moderato. Schier traumwandlerisch in feinsten Details erklang das Adagio sostenuto. Daniil Trifonovs manuelle Souveränität und sein Sinn für die große Linie und für Rachmaninows Noblesse und dunkle Leidenschaft verleihen der rundum perfekten Aufführung die Aura des Geheimnisvollen, welche besonders im finalen Allegro scherzando in besonderer Weise nochmals offenbar wurde. Bar dieser Tastenakrobatik, den technisch perfekten Instrumental-Kaskaden stockte einem der Atem. Man fühlte sich an so manchen Tastenkünstler der Vorgeneration erinnert, welche ähnlich vollgriffig und energisch die dunklen Seelenbezirke des Komponisten ausleuchteten.

In nie vordergründiger Präsenz begleitete das prächtig disponierte Pittsburgh S.O. unter der fachkundigen Führung Manfred Honecks, lieferte in feingegliederten Konturen, dunkel getönten Couleurs den wunderbaren orchestral untermalenden seidenen Samt-Sound.

Den brausenden Applaus und die lautstarke Begeisterung des Publikums bedankte der sympathisch-bescheidene Künstler mit der brillant-hinreißend, elegisch-versonnen musizierten Zugabe: „Prélude für die linke Hand“ (Alexander Skrjanbin).

Zum Konzertfinale servierten die amerikanischen Gäste eine Symphonie der wohl subjektivsten Gefühlsregungen der Konzertliteratur die „Pathetique“ (Peter I. Tschaikowsky), einer der genialsten Schöpfungen des russischen Meisters. Bereits das einleitende Adagio – Allegro non troppo spiegelt einem Portrait gleich, die Seelenzustände des unglücklichen Komponisten wider. Das Fagott erhebt seine Klage zu den dunklen Harmonien der tiefen Streicher in der todtraurigen Weise, welche in einer schwermütigen Frage ihren Höhepunkt findet. Die lastende Stimmung erstirbt in den Bratschen, die Holzbläser übernehmen von den Violinen das Hauptthema in ihren leidenschaftlichen Vortrag. Grandios, logisch lässt Honeck die Pittsburgher natürlich fließend in bezwingender Zielstrebigkeit  ausmusizieren. Akkurat blasen die Blechfraktionen zum Sturm des orchestralen Aufruhrs, in wütendem Aufbegehren überschlagen sich die Themen, klingen im Crescendo der resignierenden Celli ab.

Sodann erklingt das Allegro con grazia dessen wunderbare Melodie in erster Linie zur Berühmtheit der Symphonie verhalf. Ihr undeutbarer Reiz beruht wohl darin, dass sich die widersprüchlichsten Empfindungen wie Sehnsucht, Leid, Leidenschaft, Verklärung, Hingabe und Verzicht zugleich, in Töne umgesetzt auf so wunderbare Weise offenbaren. In reizvollen Instrumentationen wurden die Stimmungen, welche sodann im Elegischen enden, regelrecht traumhaft vorgetragen.

In kreativem Potenzial, hoher orchestraler Flexibilität, handwerklich perfektem Können, brillant ausbalanciert eröffneten die Übersee-Gäste das Allegro molto vivace mit seinen straffen zündenden Motiven. Der gewaltige brillant dargebotene eruptive Finalsatz forderte den störenden Applaus einiger  Konzertbanausen heraus.

Zum finalen Adagio lamentoso demonstrierte Manfred Honeck nochmals die Vorzüge dieses Klangapparates. Wir vernahmen die erschütternd-aufwühlende Abschiedsklage eines Menschen, welcher scheinbar alles Leid überwunden hat. Aus der schmerzlich-dunklen Melodik seines verinnerlichten Gesangs klingt nicht nur Verzweiflung und Schwermut sondern auch der geheimnisvoll gemilderte Ausdruck erhabener Zuversicht.

Diesen gefühlsatten Finalsatz ließ das amerikanische Elite-Orchester in bemerkenswerter Tiefe, nie nachlassenden Spannungsbögen, trefflich musiziert ausklingen.

Nach kurzem Innehalten entlud sich ein Sturm der Begeisterung. Unkompliziert locker nach typisch amerikanischer Art gewährten die Pittsburgher noch zwei Schmankerln für den Heimweg: traumhaft musiziert Panorama aus „Dornröschen“ (Tschaikowsky) sowie in höchst brillanter Formation die publikumswirksame Orchester-Demonstration Galopp aus „Maskerade“ (Khatchaturian).

Gerhard Hoffmann

 

 

 

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