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FRANKFURT/ Alte Oper: BUDAPEST FESTIVAL ORCHESTRA unter Ivan Fischer mit Renaud Capucon (Violine)

27.01.2025 | Konzert/Liederabende

FRANKFURT/ Alte Oper: BUDAPEST FESTIVAL ORCHESTRA unter Ivan Fischer mit Renaud Capucon (Violine)

Humoresk und unkonventionell begannen die Instrumentalisten des Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer mit einer vokalen Darbietung den Konzertabend in der Alten Oper zu Frankfurt. Es wurde zunächst der Morgengruß (op. 4 Nr. 3) von Fanny Hensel, geb. Mendelssohn-Bartholdy, gegeben; ein frisches und fröhliches Stück Musik für gemischten Chor a cappella.

Hernach betrat Solist Renaud Capuçon die Bühne und brachte das Violinkonzert e-moll (op. 64) eines zugegebenermaßen gemeinhin etwas bekannteren Verwandten der oben genannten Komponistin zu Gehör: Die Rede ist natürlich von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dem jähen Einsatz der Solo-Violine folgte ein maschinenhaft anmutendes Abspulen des ersten Satzes, währenddessen sich der Solist selbstverständlich keine Blöße gab, sich allerdings jenseits der zu leistenden Virtuositäten nicht ausreichend Zeit für die schwebenden Momente des Stückes nahm. Der Eindruck von Hastigkeit setzte sich auch im kantablen zweiten Satz fort, der darüber hinaus dynamisch nicht besonders ausdifferenziert gelang. Im dritten Satz des Violinkonzerts ließen die Sechzehntelläufe in der Solo-Violine bisweilen das letzte My an Präzision vermissen; zudem geriet das staccato regelrecht brutal, was zu dem insgesamt doch gefälligen und quirligen Charakter des Stückes nicht so recht passen wollte.

Die von Capuçon gegebene Zugabe – die Daphne-Etüde von Richard Strauss (AV 141) – mag zwar den ein oder anderen Publikumsangehörigen aufgrund ihrer Schlichtheit mit einem Fragezeichen hinterlassen haben; dennoch konnte man die Wahl des Stückes als durchaus begrüßenswertes zweites Kuriosum des Abends betrachten.

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Foto: Oper Frankfurt/Tibor Florestan Pluto

Als sinfonisches Hauptwerk des Abends wurde die Fünfte Sinfonie von Gustav Mahler gegeben. Deren erster Satz geriet etwas schleppend, was die ihm innewohnende Dramatik ein Stück weit konterkarierte und die Wirkmacht der ersten Höhepunkte dieses Werkes bedauerlicherweise begrenzte.

Den Hybrid aus Titel und Vortragsanweisung „Mit größter Vehemenz“ nahm das Orchester beim Vortrag des zweiten Satzes ernst; nachdem sie sich in ihrer Rolle als Mahler-Interpreten gefunden hatten, gelang es den Musikern, die nicht nur für dieses Werk des Komponisten so essenzielle Klanggewalt zu erzeugen. Auch hier wurde das Tempo etwas langsamer genommen, was anders als im ersten Satz jedoch nur auffiel, aber nicht störte.

Im dritten Satz wählte Maestro Fischer eine bemerkenswerte Vortragsweise, indem er den Solohornisten seinem ihm vom Komponisten in diesem Satz zugewiesenen Rang entsprechend behandelte und ihn vorne Platz nehmen ließ. Durch diese Maßnahme kam nicht nur wichtige Hornstimme zu ihrer vollen Entfaltung, auch die von dem Solohornisten umgesetzten Anweisungen zur Ausrichtung des Schalltrichters bewirken einen hörbaren Klangeffekt, der den an sich schon beträchtlichen Abwechslungsreichtum des Satzes noch steigern konnte. Das Orchester war nunmehr ganz in Mahlers Werk vertieft.

Demgemäß gelang auch der Vortrag des popkulturell angehauchten vierten Satzes (Adagietto); einzig das Geltungsbewusstsein der ersten Geigen überstieg vielleicht ein wenig die Bedürfnisse dieses zerbrechlichen, Verletzlichkeit ausdrückenden Stückes Musik.

Nachdem das Orchester im fünften Satz einen kurzen Moment benötigte, um in die Spur zu finden, übertrug sich die beim Leiten dieses Satzes besonders sichtbare Energie von Maestro Fischer im weiteren musikalischen Verlauf auf das Orchester und mündete in einem Abschluss, der angesichts der Intensität des Vortrags und der gezeigten Spielfreude den Puls steigen ließ.

Zu Recht tobte die Alte Oper nach dem Schlussakkord und quittierte die Darbietung der Mahler’schen Sinfonie mit standing ovations. Alles in allem war an diesem Abend neben einem etwas blassen Mendelssohn ein durchaus beachtlicher Mahler zu hören. Das Budapest Festival Orchestra empfiehlt sich.

Jan Kadlubicki

 

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