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FRANKFURT/ Alte Oper: BERLINER PHILHARMONIKER -KIRILL PETRENKO (Reger.R. Strauss)

08.11.2023 | Konzert/Liederabende

Frankfurt / Alte Oper: „BERLINER PHILHARMONIKER-  KIRILL PETRENKO“  –  07.11.2023

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Foto:  Monika ittershaus

Weltklasse-Orchester geben sich in der Alten Oper die Ehre und eines der allerbesten die Berliner Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Kirill Petrenko eröffneten den bunten Reigen. Während ihres Gastspiels beschritten die Berliner weniger ausgetretene Pfade der Konzertliteratur und hatten Reger und Strauss im Gepäck.

Zur Einleitung des interessanten Konzertabends erklangen „Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132“ von Max Reger.  Man mag manche Vorbehalte gegenüber diesen Variationen hegen, sie bleiben doch Regers bedeutendes Orchesterwerk, denn hier hat sich des Komponisten Können ganz vergeistigt. So dicht sich auch die Veränderungen, Verschiebungen, Stimmführungen drängen, so groß auch das Angebot für dieses kleine Thema ist, so sehr auch manche Einzelheiten gegen die Schlichtheit des Mozartischen Gedankens zu verstoßen scheinen, Reger hat sich in die Welt des genialen Tonsetzers eingefühlt, gibt sie nun in seiner Sprache wieder. Das allbekannte Beispiel zur Variation – Con moto zunächst von Oboe, Klarinetten sowie Streichern vorgetragen. Kirill Petrenko und seine prächtig aufspielenden Berliner Philharmoniker begegneten diesen melodischen Bindungen voll differenzierter Harmonik in feiner kammermusikalischer Instrumentation. Nach Art alter Figurationen wechselnder Gegenstimmen, rhythmischem Changieren, musikalischen Umkehrungen verband der geniale Dirigent mit seinem seidenweich intonierenden dunklen Streichern und dem gesamten Klangkörper kraftvolle Variationen. So u.a. auch um nicht alle zu bewerten die Achte – Andante grazioso als Krönung des Ganzen, einer großartigen Doppelfuge, deren gewichtiges Adagio zur ausdrucksvollen Fantasie anhob und wiederum mit ihr langsam verhallte. Variable Stimmen zu Themen blitzten in den ersten Violinen bzw. den Klarinetten auf, dazu gesellten sich im klaren Klangcodex des Mozartthemas die Hörner und Trompeten. Schwerlich konnte man sich der überwältigen Wirkung der Fuge entziehen bar dieses herrlich musizierenden Instrumentariums.

Nach der Pause spielten die Berliner Gäste die seltener aufgeführte Tondichtung für großes Orchester „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss. In diesem Werk betont der geniale Komponist mit ungeheurer Sicherheit sein Ego gegen die Widersacher, ja, gegen eine Welt von Widersachern, wie er glaubte. Heute sehen wir das wohl etwas anders und deutlicher als der in Ringen und Selbstbehauptung verstrickte Künstler jener Jahre. Im Grunde jedoch zeugt das Werk von einer schrankenlosen Ichbetonung, Aufbietung des äußersten Prunks, Säbelgerassel dieser Aera und portraitierte sich schließlich selbst, autobiographisch und nicht als wilhelminischer Held.

Petrenko wählte nun mit dem herrlich pointiert aufspielenden Berliner Philharmonikern straffe Tempi und eine unglaublich glasklare Transparenz. Löste sich die Musik zunächst einmal von äußerlichem Getöse, ließ der einfühlsame Dirigent sehr ausdrucksstark, intensiv, frei von ironischer Distanz musizieren. Wunderschön erklang das Violinsolo (Daishin Kashimoto) charakterisierte es schließlich im musikalischen Wirrwarr die Züge seiner kokett-kapriziösen  Gefährtin Pauline welche Strauss selbst zitierte als sehr komplex, sehr Frau, etwas pervers, niemals sich selbst gleich, in jeder Minute verschieden von dem, was sie in der Minute davor war. Die Violine instrumentierte musikalisch jene Charakterzüge wie liebenswürdig, lustig, zornig, schnell und keifend, zart und liebevoll. Natürlich setzte Strauss den Rezensenten ein Denkmal als blökende Schar von Hammeln, köstlich instrumentiert scharf, schnarrend, zischend im herrlich karikativen farbenprächtigen Musizieren mit den wunderbaren Saiteninstrumenten sowie den fulminanten Holz- und Blechbläsern spitzig, engagiert reizvoll im Kontrast. Prächtig formierte der Komponist seine  Visitenkarte, Petrenko ließ die Partitur krachen, blitzen, donnern, ließ die Vorgänge trefflich schildern, das Schlagzeug lieferte eine regelrechte Kanonade gegen die Meute der Widersacher. Natürlich war es die helle Freude und höchster Genuss dem prächtigen Ausmusizieren in dieser phänomenalen Präzision der Komponente zu lauschen.

Was will man mehr? Ein grandios vitaler Dirigent führt ein an Akkuratesse schier unüberbietbares Orchester zu musikalischen Höchstleistungen und gebannt genoss man schließlich den fünften Teil des Epos Des Helden Friedenswerke, schwelgt in Erinnerung an vorüberziehende Momente der Zitatentechnik und Figuren seines Schaffens Mabeth, Don Juan, Till Eulenspiegel, Zarathustra und schließlich Don Quichotte.

Nicht nur Strauss war mit sich im Reinen, der Rezensent und das Publikum schienen mit sich und der Welt zufrieden bar so viel akustisch erlebtem Glücks, erhoben sich zu Standing Ovation und ließ ohrenbetäubendem Jubel freien Lauf.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

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