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FRANKFURT/ Alte Oper: BERLINER PHILHARMONIKER – KIRILL PETRENKO. Eine Konzert-Sternstunde !

13.11.2024 | Konzert/Liederabende

Frankfurt:  Alte Oper – 12.11.2024:  BERLINER PHILHARMONIKER –  KIRILL PETRENKO. Eine Konzert-Sternstunde !

hoff
Foto: Stephan Rabold

 In Fachkreisen gelten die Berliner Philharmoniker als bestes Symphonieorchester der Welt, als Sternzeichen Waage bleibe ich neutral, möchte niemand auf die Füße treten  und zähle diesen Klangkörper zu den Elitärsten  auf unserem Planeten. Mit seinem großartigen Chefdirigenten Kirill Petrenko gab sich nun das wunderbare Instrumentarium in der Alten Oper die Ehre.

Zwischen seine „Romantische“ und „Keckste“ bettete Anton Bruckner eine seiner konstruktivsten Symphonien, von Kennern als schönste und beste Komposition gehalten, entstand die „Fünfte“ in knapp vierjähriger Arbeit und sollte erst in der Zeitspanne von 16 Jahren danach am 08. April 1894 in Graz uraufgeführt werden. Bruckner selbst sprach von seiner Fünften als seine „Phantastische“ und seinem „kontrapunktischen Meisterstück“.

Kirill Petrenko eröffnete dieses majestätische Werk fast mit einer schier unhörbaren Einleitung  gezupfte Celli und Kontrabässe schritten im Adagio ruhig und gemächlich dahin, leises Orgelspiel in Streichern und Fagotten unterstrich das Anwachsen und Verhallen im Dämmern des Doms. Plötzlich ein konstruktiver Einschlag des Orchesters, eines Aufschreies gleich zerstörte die ruhige Stimmung. In Glorie setzten die Bläser einen Glaubenschoral dagegen. Als wollten sich Gegner messen, wurde das Zeitmaß bewegter, in den Mittelstimmen der Streicher rang ein Thema nach Erlösung im furiosen Choralklang, sodann im schnellen Zurücksinken die Stille. Mit lichten Tremoli der Violinen erhob sich das Allegro. In Bratschen und Celli wurde das Hauptthema geboren, erhielt im Fortissimo des Orchesters seine endgültige Gestalt dominiert von Bruckners bevorzugten Blechbläsern. Der Satz brachte gegen Ende eine gewaltige Steigerung sowie eines der bekanntesten Bruckner-Motive im Einklang des dreifachen Forte zu Orchesterballungen von unglaublicher Intensität.

Ich möchte noch bemerken, schon sehr lange hörte ich nicht mehr trotz vielbesuchter vorzüglicher Klangkörper, eine derartig elitäre Orchesterleistung aus einem Guß, in  perfekter Interpretation dargebotene symphonische Details, Sphärenklänge gleich einem Gruß vom Himmel, gewaltige Instrumentalexplosionen gespielt in vollendeter Präzision, mir wurde heiß und kalt! Zwei Welten in einem friedlich-einsamen Bild: gezupfte Streicher in sechs Vierteln, dazu eine weiche sanfte Gesangsweise der Oboe deren klagende Septimen die Stimmung schwermütiger Öde hervor rief, dem Adagio eine besonders ergreifende thematische Note schenkte. Man konnte sich in Emotionen regelrecht verlieren. Konzentriert jedem Fingerzeig Petrenkos folgend, einem Erzdirigenten ohne überflüssige Gestik, musizierten die Berliner einfach himmlisch. Es wäre infam geradezu diskriminierend   Gruppierungen von Instrumentalistinnen oder Musikern besonders zu akzentuieren, denn hier wurde einfach nur atemberaubend auf höchstem Niveau in kompakter Universalität brillant musiziert.

Im folgenden Scherzo erinnern geschwind gestoßene Streicher-Rhythmen an die Anfänge der beiden vorangegangenen Sätze, auch manches Seitenthema tauchte auf, lustig verschleiert und dennoch erkennbar. Diverse Stimmungen wurden gewahr wie Anklänge an Tanzweisen von Holzbläsern zugleich munter und unzufrieden angestimmt, man steigerte sich, will heiter klingen und blieb dennoch verkrampft. Alles wirkte nicht real, mehr als Erinnerung an ein fernes Bild sehr innig und nicht derb. Im Trio wollte die Stimmung schon gar nicht fröhlich werden, ein mürrisches Horn-Solo verdarb den Flöten, Oboen, Klarinetten die gute Laune, schoben sich noch kurz gegenseitig die Tanzweisen zu und gaben sodann achselzuckend auf.

Aus der Dämmerung erwuchs die beim ersten Satz nun das Finale, das langsame Anfangstempo ging in ein dezidiertes Allegro moderato über, ein markantes Thema mit abwärts gerichtetem Oktavensprung leitete sodann einen monumentalen Satz ein in welchem Sonatenform und Fuge sich miteinander verbanden. Petrenko führte den gewaltigen Bläserchoral zu immensen Dimensionen des sich auftürmenden Klang-Kathedrale. Alles erschien im mitreißenden, unendlichen Hymnus zu Ehren des Allerhöchsten, dem das Reinste und Gewaltigste zu bieten, der Komponist als vornehmste Lebensaufgabe empfand.

Grenzenloser Jubel, Ovationen welche Petrenko immer wieder sehr sympathisch auf seine famosen Berliner Philharmoniker lenkte.

Gerhard Hoffmann

 

 

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