FRANKFURT/ Alte Oper: ANTRITTSKONZERT THOMAS GUGGEIS
Starkes Debüt
Thomas Guggeis mit seinem Orchester. Copyright by Sophia Hegewald
Am vergangenen Abend erlebte die Frankfurter Musikwelt einen bemerkenswerten Auftakt der neuen Konzertsaison, als Thomas Guggeis in seiner Rolle als neuer Generalmusikdirektor des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters sein Debüt am Pult gab. Das Konzert, das mit einer Uraufführung begann, versprach von Anfang an ein Erlebnis von besonderer musikalischer Qualität zu werden.
Das Programm startete mit dem eigens für diesen Anlass komponierten „Notturno“ von Lucia Ronchetti, welches sie dem neuen Frankfurter GMD Thomas Guggeis widmete. Lucia Ronchettis „Notturno“ ist ein zeitgenössisches Werk, das von der Atmosphäre der Nacht inspiriert ist. Die Komposition zeigt Ronchettis Fähigkeit, innovative Klanglandschaften zu schaffen und traditionelle Orchesterinstrumente in einer zeitgemäßen Weise zu nutzen. Die Verwendung von Bläsern und Schlagzeug verleiht dem Stück eine kraftvolle Präsenz und verbindet gleichzeitig verschiedene Klangfarben zu einem eindringlichen Gesamtklang. Auf der Bühne saßen Holz- und Blechbläser und Schlagzeug, während an mehreren Positionen im Rang noch Trompeten und Posaunen aufgestellt waren. Das Stück wirkte wie eine Surround Klangcollage. Die Klarheit der Bläserklänge und die rhythmische Präzision des Schlagwerks verliehen dem Stück eine eindringliche Wirkung. Ronchetti schaffte es, die Spannung von Anfang bis Ende aufrechtzuerhalten und nach knapp fünf Minuten war die Komposition bereits beendet. Das Publikum zeigte sich erfreut.
Nach diesem ungewöhnlichen Auftakt folgte Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“ in G-Dur, KV 525. Dieses beliebte Werk des Meisterkomponisten wurde unter der Leitung von Thomas Guggeis zu einem erhebenden Erlebnis. Die „Nachtmusik“ ist ein Juwel der Klassik, und die Aufführung an diesem Abend war schlichtweg herausragend. Die Musikerinnen und Musiker des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters erwiesen sich als Könner ihres Fachs. Unter der tänzerischen Leitung von Guggeis interpretierten sie Mozarts Musik mit einer beispiellosen Leichtigkeit und Eleganz. Die klaren Linien und die grazile Schönheit dieses Stücks kamen in jeder Note zur Geltung. Es war ein Genuss, den Musikerinnen und Musikern zuzuhören, wie sie die reichen harmonischen Strukturen und die delikaten Melodien von Mozart zum Leben erweckten. Die Leistung des Orchesters in diesem Werk war geprägt von Präzision und Ausdruckskraft. Die musikalische Kommunikation zwischen den verschiedenen Sektionen des Orchesters war aufmerksam, was zu einer harmonischen und ausdrucksstarken Interpretation führte. Besonders beeindruckend war die Virtuosität der Streicher, die mit makelloser Technik und Klangfülle brillierten. Thomas Guggeis dirigierte geradezu pantomimisch, mit starkem Engagement.
Thomas Guggeis. Copyright by Sophia Hegewald
Der Höhepunkt des Abends war dann zweifellos die Aufführung von Gustav Mahlers siebter Sinfonie in e-Moll, die auch als „Lied der Nacht“ bekannt ist. Mahlers Sinfonie ist ein monumentales Werk, das höchste Ansprüche an ein Orchester stellt und eine bemerkenswerte Vielfalt an Klangfarben und Stimmungen bietet. Diese Sinfonie ist nicht nur für ihren ausufernden Einfallsreichtum, sondern auch für ihre ungewöhnliche Instrumentation bekannt, die sogar eine Gitarre und eine Mandoline einschließt.
Die Interpretation von Thomas Guggeis und dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester war spannend und kurzweilig. Von den ersten Klängen des ersten Satzes bis zum tumultartigen Finale wurde die emotionale Bandbreite dieser Sinfonie klar erfasst. Guggeis verstand es klug, die tiefen Abgründe der e-Moll-Tonart und die ausgeprägten Höhen der lyrischen Passagen gleichermaßen auszuleuchten. Dazu wählte Guggeis eher flotte Tempi und scheute keinerlei spielerisches Risiko.
Besonders bemerkenswert war die Ausführung des dritten Satzes, der von Mahler als „schattenhaft“ überschrieben ist. Dieser Satz ist ein Paradebeispiel für Mahlers Fähigkeit, düstere Stimmungen zu erzeugen und gleichzeitig ein faszinierendes Spiel mit Klängen und Rhythmen zu präsentieren. Das Orchester unter Guggeis‘ Leitung brachte die Schatten und Geheimnisse dieses Satzes eindrucksvoll zum Ausdruck. Die „Nachtmusiken“ in den Sätzen zwei und vier, die Mahler selbst so betitelte, wurden mit einer tiefen Sensibilität und Intimität dargeboten. Zarte Klänge der Streicher und Bläser führten das Publikum in eine Welt der Träumerei und der Sehnsucht. Die Mandoline und die Gitarre, ungewöhnliche Instrumente für eine Sinfonie, fügten eine zusätzliche Nuance hinzu und verliehen der Musik eine besondere Farbe und Textur. Am Ende der Sinfonie triumphierte die Musik mit einem „heiteren und ansprechenden Charakter“, wie es Mahler selbst beschrieben hatte. Der Schlusssatz brach mit einer unvergleichlichen Energie hervor und beendete die Sinfonie in einem triumphalen Finale.
Thomas Guggeis konnte sich auf die überragende Kompetenz seines Orchesters verlassen. Gerade bei Gustav Mahler begeistert die außergewöhnliche Fähigkeit des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters, seine höchst anspruchsvollen und komplexen Werke hervorragend zu meistern. Die Musikerinnen und Musiker brillierten durch ihre technische Virtuosität und ihr tiefes Verständnis für Mahlers Musik. Insgesamt war diese Aufführung ein beeindruckendes Beispiel für die künstlerische Exzellenz des Orchesters unter der Leitung von Thomas Guggeis. Und die großartigen Musiker übertrafen sich vor allem mit ihren hinreißenden Solobeiträgen, wie z.B. das wehmütige Tenorhorn von Christian Hammerer. Auch seine Kollegen an Trompete und Horn verdienen höchstes Lob für ihre Soli. Unermüdlich und stets präsent agierte Tobias Kästle an der Pauke und mit seinen anderen Schlagzeugern. Erlesen in der Klangkultur und der Ausdrucksdichte war die große Anzahl der Streicher zu vernehmen. Breit und vielschichtig in den Charakterfarben zeigten sich die engagierten Holzbläser. Dieser Abend war eine Erinnerung daran, dass Mahlers Musik, trotz ihrer Komplexität, immer wieder die Zuhörer begeistert und fasziniert. Ein starkes Debüt des neuen Generalmusikdirektors, das Vorfreude auf seine künftigen Dirigate weckt.
Große Begeisterung im Saal.
Dirk Schauß, 19. September 2023
Besuchtes Konzert in der Alten Oper Frankfurt am 18. September
Antrittskonzert Thomas Guggeis