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FLENSBURG/ Deutsches Haus: SCHWANENSEE

Gastspiel des „Ukrainian Classical Ballet“ 

20.01.2023 | Ballett/Performance

Klassisches Ballett ist in Deutschland nur noch in wenigen Theatern zu finden und in kleineren Städten hat das interessierte Publikum oft keine andere Chance, als auf mehr oder weniger anspruchsvolle Gastspiele zu warten. Hierbei variieren die Qualitäten erheblich und glücklicherweise war die von mir besuchte Vorstellung eine der besseren.  

Das Ukrainian Classical Ballet wurde 2017 in Kiew gegründet und hat sich laut eigenen Aussagen zum Ziel gesetzt, „die besten und talentiertesten Tänzer der führenden ukrainischen Theater zu vereinen und den Fans und Liebhabern des Balletts daheim und im Ausland das Beste von der klassischen Ballett-Kunst zu präsentieren.“

schwansee marc rohde
Solisten und Corps de Ballet beim Schlussapplaus in Flensburg (Copyright: Marc Rohde)

Im Deutschen Haus in Flensburg wurde „Schwanensee“ zu Musik aus der Konserve gegeben. Akustisch war dies insofern problematisch, als dass elektronisch verstärkte klassische Musik selbst mit den besten Soundsystemen immer irgendwie künstlich klingt. Leider ist die technische Ausstattung in diesem Konzerthaus eher bescheiden, so dass mich der Klang manchmal eher an ein Transistorradio erinnerte und ich mir lieber ein schlechtes Live-Orchester als diese gute Aufnahme gewünscht hätte. Welches Orchester unter welchem Dirigenten die verwendeten Aufnahmen eingespielt hat, war leider weder im Programmheft noch vor Ort ersichtlich. 

Ebenso fand ich es ungewöhnlich, dass außer dem künstlerischen Leiter der Company, Ivan Zhuravlov, keiner der Künstler auf einem Besetzungszettel oder im Programmheft namentlich erwähnt wurde. 

Auf Anfrage beim künstlerischen Direktor erhielt ich die Namen der drei Protagonisten: Douglas Oliveira gab den Siegfried kraftvoll und mit großem tänzerischen Ausdruck. Seine Sprünge schienen mühelos zu gelingen und beeindruckten durch große Höhen. Tatiana Svetlicna als Odette/Odile war ganz die verklärte Schwanendame und schien aus einer sphärischen Ebene zu uns herabgestiegen zu sein. Sie verzauberte mit einer der Rolle gebührenden Eleganz. Oleksandr Kondratenko in der Rolle des Rothbart verfügte über eine enorme Bühnenpräsenz und eine magisch anmutende Magie, mit der er die Strippen in der Hand zu halten schien.

Die Anzahl der Tänzer war bei dieser Tour-Produktion vermutlich aus Kostengründen, aber auch, um auf alle unterschiedlich dimensionierten Bühnen der Tournee zu passen, auf etwa 30 Personen reduziert. Offenkundig waren nicht alle Künstler ukrainischen Ursprungs, sondern stammten teilweise auch aus Asien und Südamerika.

Die Bühnenbilder bestanden aus schön bemalten Prospekten und Vorhängen und ganz wenigen Requisiten. Die Kostüme waren prächtig und schön wie in einem Ballett-Märchenbuch. Die Solisten waren allesamt ausdrucksstark und tänzerisch begabt. Beim Corps de Ballet fiel mir vor allem die ungewohnte Vielfalt an Körpergrößen und Staturen auf. Dabei begeisterten die Tänzerinnen mit synchronen Bewegungen und zeigten aufgrund der unterschiedlichen körperlichen Konstitution dabei doch jede eine persönliche Note. 

Das Publikum geizte nicht mit Zwischenapplaus und am Ende der Vorstellung gab es Getrampel und zahlreiche Vorhänge. Diese Form der Darbietung hat durchaus ihre Daseinsberechtigung, auch wenn ein Besuch in einem renommierten Theater mit festem Ballettensemble und eigenem Orchester in meinen Augen eine ganz andere Qualität hat.  

Marc Rohde

Hier sehen Sie einen Video-Beitrag des Flensburger Tageblatts:

 

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