FIRENZE/ Teatro del Maggio Fiorentino (Sala Zubin Mehta): LO SPOSO DI TRE, E MARITO DI NESSUNA von LUIGI CHERUBINI am 6.2.2022
Ankunft einer Braut. Foto: Maggio Musicale
Das uns überlieferte Portrait von Luigi Cherubini (1760 – 1842) zeigt einen überaus ernsthaften Menschen. Was ja sehr gut zu seinen bekanntesten Werken („Médée“, „Lodoiska“, „Requiem“ etc.) passt, und auch dazu, dass er der Lieblingskomponist des ernsthaftesten aller lebenden Dirigenten – Maestro Riccardo Muti – ist. Dabei hat er aber in seiner Jugend auch komische Oper geschrieben: zB. als 23 jähriger “ Lo sposo di tre, e marito di nessuna „.
Er steht damit nicht allein da. Viele Komponisten, die wir heute fast ausschließlich mit ihren ernsthaften, zutiefst tragischen, um nicht zu sagen: todessüchtigen und blutrünstigen Werken verbinden, haben ursprünglich ganz gut, sprich: ziemlich fröhlich angefangen. Gaspare Spontini („La fuga in maschera“), Paul Hindemith („Neues vom Tage“,“Hin und zurück“, „Nusch-Nuschi“), Dmitri Schostakowitsch (“ Moskau, Tscherjomuschki “ ), Richard Strauss ( „Feuersnot“ ) und sogar der an sich unverdächtige Richard Wagner (“ Das Liebesverbot“ ). Woran es gelegen haben mag, dass ihnen allen in späteren Jahren Fröhlichkeit, Lebensfreude und vor allem Humor abhanden kamen, wäre einmal einer ausführlichen vergleichenden Studie wert…
Es gibt Ärger. Foto: Maggio Musicale
Die Oper von Florenz (offiziell immer noch: Teatro del Maggio Musicale Fiorentino) hat sich jetzt jedenfalls jetzt dieser opera buffa angenommen – und es war ein großes Vergnügen, diesem fast unbekannten Jugendwerkchen zu begegnen.
An „Lo sposo di tre, e marito di nessuna“ ist vieles ungewöhnlich: allein schon der ziemlich umfangreiche Titel (übersetzt etwa: “ Der Verlobte von dreien, und Gatte von keiner „), die Spieldauer (dreieinhalb Stunden – für eine buffa!) und natürlich das Libretto. FIlippo Livigni schafft es, aus einer allereinfachsten Ausgangssituation (das Portrait einer Braut wird vertauscht) über die gesamten drei Stunden hin (ohne je zu langweilen) die allerkompliziertesten Verwicklungen, Missverständnisse, Konflikte und überraschendste Wendungen herauszuholen.
Böse Zungen behaupten zwar, das Libretto wäre in diesem Fall interessanter als die Musik, aber das kann man so nicht so nicht stehen lassen.
Im Zaubergarten. Foto: Maggio Musicale
Diego Fasolis, ein Meister in diesem Fach, dirigiert diese Partitur des Florentiners jedenfalls mit äusserster Souveränität und Einfühlsamkeit und holt aus der kammermusikalischen Besetzung das äußerste an Farben und Dynamik heraus. Ihm steht dafür aber auch ein absolut erstklassiges, vollkommen homogenes und total motiviertes junges Ensemble zur Verfügung: Fabio Capitanucci (als der arme Tropf Don Pistacchio – allein schon der Name ! – der am Ende als Einziger ohne Weiblein bleibt), die (aus Innsbruck und Graz wohlbekannte) Arianna Venditelli (als eine der „Bräute“), die junge Katalanin Sarah Blanch, von der man in dieser Stagione des Maggio noch viel hören wird (als ihre Konkurrentin), aber auch Benedetta Torre, Ruzil Gatin, Alessio Arduini und Giulio Mastrototaro.
Don Pistacchio bleibt solo. Foto: Maggio Musicale
Einziger Wermutstropfen dieser ansonsten rundum geglückten Produktion : die Inszenierung. Cesare Lievi (wir kennen ihn vom Burgtheater und den Salzburger Festspielen) ist zwar ein guter Personenregisseur, hat aber bei der Auswahl seiner Mitarbeiter offenbar keine gute Hand. Das sinnlos um sich selbst kreisende „Mauer“-Bühnenbild und die in den allerschreiensten Farben gehaltenen Kostüme von Luigi Perego erwecken im Zuschauer jedenfalls mit der Zeit den blasphemischen Wunsch, auf der Stelle zu erblinden.
Aber sonst war es ein wunderschöner Abend….
Robert Quitta, Florenz