Filmstart: 29. September 2023
WALD
Österreich / 2023
Regie: Elisabeth Scharang
Mit: Brigitte Hobmeier, Gerti Drassl, Johannes Krisch, Heinz Trixner: u,a,
Eine Frau steht nackt im Wald und schreit. Dann sieht man sie im Zug, im Bus, sie zieht einen Rollkoffer hinter sich her. Schließlich ist sie irgendwo auf dem Land, im Waldviertel, ein einsamer großer Bauernhof, sie findet den Schlüssel, geht hinein. Die Frau heißt Marian Malin, und die nächsten einheinhalb Stunden ist man ganz eng bei ihr. Was es mit ihrem Schicksal auf sich hat, erfährt man erst nach und nach. Der Film von Elisabeth Scharang, der auf einem Roman von Doris Knecht beruht (wobei die Regisseurin die Ausgangssituation ihrer Heldin total verändert hat, im Buch treibt sie ihr Bankrott aufs Land), versucht immer wieder Krimi-Spannung zu erzeugen. Tatsächlich ist es ein schleppendes Psycho-Porträt, das einerseits von Flucht handelt (hier ist sie Journalistin und in einem Anschlag geraten), andererseits von einer Rückkehr. Beides ist schmerzlich.
Zuerst zelebriert die Heldin, die das eindrucksvolle Gesicht von Brigitte Hobmeier trägt, die nach und nach dicker auftragen muss, als es dem Duktus des Ganzen zuträglich ist. Leise und geheimnisvoll soll es zugehen, das Dorf, der Wald, der See, in dem sie nackt badet, die Mühe des Alleinlebens und Sich-Versorgens, und nach und nach die Menschen. Anfangs gänzlich feindselig, die einstige Freundin (Gerti Drassl), der einstige Freund (Johannes Krisch), der das Sägewerk seines Vaters übernommen hat, alle in ihren späteren Jahren, offenbar ist in der Vergangenheit viel passiert, was man einander vorwerfen kann. Aber langsam beginnen sie, miteinander zu reden. Nichts Substanzielles allerdings…
Im Dorf beschimpft man ihre verstorbene Mutter, wirklich Genaues erfährt man nicht, man ahnt nur, wie anders die Lebensentwürfe am Land sind. Da ist häusliche Gewalt (Dagmar Schwarz und Heinz Trixner), da sind die Männer des Dorfes im Wirtshaus, die zu einer alleinstehenden Frau übergriffig werden wollen, da ist das marode Haus, der Griff zur Wodkaflasche, das sporadische Auftauchen von Kindheits- und Jugenderinnerungen, das Laufen in den Wald – aber als Erlösung empfindet man die Natur nicht.
Einmal kommt ihr ausländischer Freund vorbei, will sie abholen, sie schickt ihn weg, will nicht zurück in ihr altes Leben. Angebote, den Hof zu verkaufen, lehnt sie ab. Und so vergeht die Zeit und läuft der Film dahin und man weiß nicht recht, was man damit anfangen soll. Dass Marian sich nicht vertreiben lassen will – ist das die „Aussage“? Die Geschichte wird nicht griffig, die „weibliche Selbstrettung“, die die Regisseurin im Interview postuliert, wird nicht glaubhaft. Oder geht es nur um die Studie der Einsamkeit mit relativ viel sentimentaler Musik?
Zuletzt ist sie zurück in der Stadt, offenbar an dem Ort, wo das Attentat stattgefunden hat. Wartet sie? Auf wen? Das Ende lässt den Zuschauer ratlos zurück. Der ganze Film eigentlich auch.
Renate Wagner