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Film: WAKE UP DEAD MAN

Mit Blondhaar und Schmachtlocke

15.12.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Derzeit bei Netflix
WAKE UP DEAD MAN
A KNIVES OUT MYSTERY
USA  /  2025
Drehbuch und Regie: Rian Johnson
Mir: Daniel Craig, Josh O’Connor, Glenn Close, Josh Brolin u.a.

Mit Blondhaar und Schmachtlocke

Gibt es ein Leben nach James Bond? Diese Frage hat sich schon einigen Schauspielern gestellt, aber im Grunde konnte nur Sean Connery sie positiv beantworten.  Für Roger Moore kam nicht mehr viel nach, für Pirece Brosnan gab und gibt es nur einige elegante Alt-Herren-Rollen. Und Daniel Craig, Jahrgang 1968, also derzeit in zweiten Hälfte seiner fünfziger Jahre? Was tun, wenn seine Bond-Serie nach fünf Filmen auslief?

Schon davor hatte Daniel Craig sich einverstanden erklärt, eine andere Krimi-Figur zu kreieren, den Privatdetektiv Benoit Blanc, in einer beliebig fortzusetzenden Serie, die den Übertitel „Knives Out“ trug. Der erste Teil, „Mord ist Familiensache“, 2020 in den Kinos, war zwar kein Meisterstück, aber gut besetzt und finanziell erfolgreich genug, dass Netflix zwei Fortsetzungen kaufte. „Glass Onion“ folgte 2022, und nun kann Netflix im Weihnachtsprogramm von 2025 mit „Wake Up Dead Man“ den dritten Teil anbieten, immer noch mit Daniel Craig als Zugpferd, aber auch hier, wie die vorigen Male, noch ein paar bekannte Namen zusätzlich in der Besetzung.

Nicht allerdings der Mann, um den es geht, aber das macht nichts, denn Josh O’Connor als Reverend Jud Duplenticy ist so sympathisch, dass er als Hauptperson mühelos den Film trägt – der immerhin zweieinhalb Stunden lang  ist und es schafft, dabei so gut wie nie langweilig zu sein. Immerhin eine Leistung von Rian Johnson, der schon zum dritten Mal als Drehbuchautor und Regisseur verantwortlich zeichnet.  

Dieser Reverend war einst Boxer, hat aus Versehen einen Gegner im Ring erschlagen, fühlte aus Reue die Berufung und wurde Priester. Zweifellos ein guter und überzeugter, er gibt uns keine Minute lang die Möglichkeit, daran zu zweifeln. Nur mit der Emotionskontrolle steht es nicht zum besten, also wird er in eine ausgesprochene Problemkirche in Upstate New York versetzt.  Das Problem ist der alte, sture, wilde, alle tyrannisierende Priester Monsignore Wicks, den Josh Brolin als herrlichen Wirrkopf zeichnet.

Man lernt dann noch die wichtigsten Mitglieder der Gemeinde kennen, die meisten skurril genug, wobei unter ihnen am  wichtigsten Martha Delacroix ist, seit Jahrzehnten die Seele der Kirche  und eine hinreißende Studie der mittlerweile 78jährigen, ungebremst persönlichkeitsstarken Glenn Close. Es dauert nun gut eine Dreiviertelstunde, bis der Mord an Wicks endlich unseren Detektiv Benoit Blanc erscheinen lässt.

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Und wenn man es nicht wüsste – man würde in dem freundlich lächelnden Herrn mit Blondhaar, das in einer wilden Locke ins Gesicht hängt, und einem weiß melierten Bart wahrlich nicht auf Anhieb den immer starren James Bond mit Kurzhaarfrisur erkennen. Da die ausgesprochen hübsche lokale Polizeichefin (Mila Kunis) unseren Reverend Jud als Täter in Betracht ziehen muss, dies aber nicht will, ruft sie Benoit Blanc zu Hilfe, und der will nur das Rätsel lösen (Wicks wurde in einem abgeschlossenen Raum ermordet, und Blanc zieht diverse Krimis heran, wo ein solches Problem behandelt wird…).

Man muss es zugeben – je mehr die Handlung fortschreitet,  umso wirrer wird die Geschichte, wobei sich, wie es für jeden Krimi nötig ist, die Verdächtigen häufen, denn der Monsignore wollte allerlei Geheimnisse verraten. Aber es geht nicht nur um die Gegenwart, sondern auch um Unrecht aus der Vergangenheit, das heraufgeschaufelt wird. Wobei es sich letztendlich um einen „Schatz“ dreht (ein doch sehr großer roter Diamant), der mit einem der früheren Priester verschwunden ist. Wenn man nun erfährt, dass dieser das kostbare Stück vor seinem Tod verschluckt hat, um die Welt vor der Versuchung zu bewahren, kann man sich gut vorstellen, dass in alten Gräbern gewühlt wird, bis der Stein aus einem Skelett herausgepflückt wird… Der Film verwandelt sich in eine echte Räuberpistole, und am Ende  gibt es (à la Agatha Christie) endlose Sequenzen, in denen die Vergangenheit aufgearbeitet und auch der Mord der Gegenwart gelöst wird.

Nur so viel: Daniel Craig ist zwar nicht die unbedingte Hauptfigur, hat aber so viel Spaß an seinem Bond-Antityp, dass man ihm mit größtem Vergnügen zusieht. Und so viel darf verraten werden: Unser sympathischer Reverend war natürlich nicht der Täter. Wo er den mittlerweile schon wieder verschwundenen Riesendiamanten versteckt hat, erfährt man ganz zum Schluß auch noch…

Renate Wagner

 

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