Starttermin: 28. Juli 2023
VERRÜCKT NACH FIGARO
Falling for Figaro / AUS, USA, GBR / 2020
Drehbuch und Regie: Ben Lewin
Mit: Joanna Lumley, Danielle Macdonald, Hugh Skinner u.a.
Ist das ein Film für Opernfreunde? Ja, wenn sie Humor haben und beide Augen zudrücken, wenn es um die Glaubwürdigkeit der Geschichte geht. Denn so wie Millie wird man im richtigen Leben wohl keine Opernsängerin – auf der Leinwand klappt es in einer freundlichen Komödie, die etwas vom Zauber der Oper vermittelt. Und wohl am besten für jenes Publikum geeignet ist, das keine wirklichen Einblicke in den Betrieb hat…
Der australische Regisseur Ben Lewin hat sich diese unrealistische Geschichte als Drehbuchautor ausgedacht, vorwiegend in Schottland gedreht und mit seiner Landsfrau Danielle Macdonald besetzt. Sie soll glaubhaft machen, dass eine mehr als gut verdienende Fondsmanagerin im Alter von ca. 30 Jahren plötzlich beschließt, sich ihren Lebenstraum zu erfüllen und Opernsängerin zu werden (wofür sie auch bereit ist, ihr ganzes Geld aufzuwenden). Warum, das wird en passant nicht eben zureichend damit erklärt, dass in der Oper heftige Gefühle herrschten und sie das anspricht…
Wie dem auch sei, Millie begibt sich in ein einsames Dorf in den schottischen Highlands, wo eine ehemals berühmte Opernsängerin, Mrs. Meghan Geoffrey-Bishop, haust, die Geldsorgen hat und im Moment nur einen Jungen unterrichtet, den aus dem Dorf stammenden Max. Sie braucht das Geld, das Millie ihr so reichlich anbietet, und nimmt sie als Schülerin an, obwohl sie von deren potentiellen Fähigkeiten alles andere als überzeugt ist.
Klischiert, aber amüsant sind die Szenen, in denen sie Millie bis aufs Blut schindet – so dass naive Zuseher glauben könnten, innerhalb eines Jahres würde aus einem ambitionierten, entschlossenen Frischling tatsächlich eine Sängerin, die bei einem Wettbewerb eine tadellose Traviata-Arie singen kann. Ausgeschlossen, sagt der Hausverstand, aber man ist schließlich im Kino.
Dass man auch hübsche Bilder von Schottland sieht, das eine oder andere gelungen Humorvolle (Millie singt für Kühe) und sich nebenbei noch eine Romane mit Max ergibt, auch wenn die beiden beim Wettbewerb Konkurrenten sind, das ist ein nötiger Teil der nicht sehr substanzreichen Handlung, die dennoch seltsamen Charme verströmt.
Das hat mit der geschickten Auswahl der gebotenen Opern-Musik zu tun, immer das Schönste „Best of“, was am Markt ist (einmal stiehlt sich auch „Falling in Love with you“ hinein) und dem Ganzen einen verführerischen „Soundtrack“ verpasst (und ausspart, wie vieles in Opern anspruchsvoll und nicht so ins Ohr gehend ist…).
Was man nirgends nachlesen kann, ist die Auskunft, ob die Darsteller selbst singen, was selbst bei „normalem“ Schauspiel-Gesangsunterricht ausgeschlossen scheint. Denn was Millie und Max nach kläglichen Anfängen hören lassen, ist Operngesang vom Feinsten und Schwierigsten (besonders bei ihm, die bekannt mehr als kniffligen Arien von Escamillo und Figaro). Und wenn die beiden am Ende Papageno und Papagena, Don Giovanni und Zerlina im Duett singen, befriedigt das mit Ausdrucks- und Leuchtkraft auch das Ohr des Kenners. Wie wurde das nur getrickst?
Millie mit der sympathischen Ausstrahlung (dass sie von Dämonen gehetzt wird, ist weniger drin) spielt die Austalierin Danielle Macdonald, eine jener Schauspielerinnen, die (wie hierzulande Sägebrecht, Eschke oder Reinsperger) zu ihrer Körperfülle stehen und sie so selbstverständlich vor sich hertragen, dass gar keine Fragen aufkommen. Der an sich schüchterne Max ist mit Hugh Skinner ähnlich freundlich besetzt.
Wenn diese beiden Gefahr laufen, allzu lieblich zu werden, streut glücklicherweise Joanna Lumley als Giftspritze von Gesangslehrerin Pfeffer ins Getriebe, über ihre evidente Bösartigkeit darf gelacht werden (auch weil sie darunter natürlich ein mitfühlendes Herz verbirgt!), – es ist nicht so böse gemeint. Schließlich handelt es sich um einen durch und durch freundlichen, liebevollen Film – den man bitte nicht eine Sekunde ernst nehmen darf. So wird man nicht Opernsängerin.
Renate Wagner