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Film: THEY SEE YOU

In den Fußstapfen des Vaters

11.06.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart:  14. Juni 2024
THEY SEE YOU
The Watchers  /  USA  /  2024
Drehbuch und Regie: Ishana Shyamalan
Mit: Dakota Fanning u.a.

In den Fußstapfen des Vaters

Zuerst ist da ein Name, der Filmfreunde aufhorchen lässt: Shyamalan. Regisseur M. Night Shyamalan hat zwar nach einem sensationellen Start mit ein paar psychedelischen Blockbustern leider auch eine Reihe grottenschlechter Filme gedreht, aber man wird immer mit Interesse auf ihn blicken.

 Nur ist er diesmal bloß Produzent des Films, der im Original „The Watchers“ heißt (nach dem gleichnamigen Roman des irischen Schriftstellers A. M. Shine), der für die deutsche Fassung (nicht zum ersten Mal wird das gespielt) einen anderen englischen Titel bekommen hat: „They see you“. „Sie sehen Dich“ hätte es auch getan…

Es ist Ishana Shyamalan, die als Drehbuchautorin und Regisseurin hier in die Fußstapfen des Vaters tritt, der ein paar Meister-Horrorthriller geschaffen ist. Die Tochter scheut den Vergleich nicht, was sie allerdings sollte. Wenn ihr Debut nicht ganz so gut ausgefallen ist (amerikanische Kritiken wirken gewissermaßen zähneknirschend), mag das allerdings auch darin liegen, dass man die Vorlage vielleicht besser lesen als in Bilder umsetzen kann. Dabei ist „alles“ drin.

Gleich zu Beginn hetzt ein Mann durch einen Wald, immer bedrohlich, die Geräusche begleiten den ganzen Film als möglicherweise stimmungsmächtigstes Horrorelement. Für den Flüchtenden geht es nicht gut aus, wenn man auch nicht ganz begreift, was da mit ihm geschieht. Schrecklich ist es auf jeden Fall.

Dann schwenkt die Handlung zu Mina, die junge Amerikanerin, die offenbar eher ziellos in Irland lebt, gerade in einer Tierhandlung beschäftigt ist, wo ein gelber sprechender Papagei die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Nein, er ist kein Zauberwesen, er soll nur geliefert werden, und Mina setzt sich ins Auto und fährt lange durch die grüne irische Landschaft, die sehr einsam werden kann.

Dass ihr Auto mitten im Nirgendwo zusammenbricht und ihr Handy auch nicht funktioniert – das nimmt man als Voraussetzung für den Thriller. Wenn Mina nach quälender Suche plötzlich vor einer Art Bunker steht, dessen Insassen sie aufnehmen, ist das natürlich nicht die Rettung. Jetzt erst  geht der wahre Horror los.

Denn die Menschen in dem erstaunlich technik-stark ausgestatteten Gebäude werden „beobachtet“ – wie man es von den Verhörräumen der Kriminalfilme kennt, stehen hinter einem Einwegspiegel „Watcher“ und beobachten die Menschen wie Versuchstierchen. Nun ist Beobachtet-Werden ein ganz wichtiges Element unserer Zeit – gierig sehen Menschen bei „Big Brother“ den Mitmenschen bei ihren alltäglichen Verrichtungen zu, ebenso gierig werden Politiker und Promis beobachtet, wenn sie in der Öffentlichkeit erscheinen, oft nur mit dem Ziel, sie niederzumachen. Sicher, mancher genießt das Bad in der Menge, mancher geht vielleicht daran zugrunde, weil er die damit verbundene Rolle nicht spielen kann, aber es ist jedenfalls ein Thema. Das allerdings in diesem Film vielleicht angedeutet, aber nicht erarbeitet wird. Der Voyeurismus zur Potenz funktioniert irgendwie nicht.

Und wer sind die „Watchers“? Nun, wir befinden uns in Irland, und wo Kelten sind, herrscht Mystik und Magie, Gegenwelten seltsamer Geschöpfe werden ohne weiteres akzeptiert. Dennoch – wer und warum, die logische Frage, man bekommt sie nicht beantwortet.

Was also? Die ausweglose Situation von Menschen, die sich in der Gewalt von unerklärlichen, tödlichen Mächten befinden und versuchen, heraus zu kommen. Hauptdarstellerin Dakota Fanning, jung, blond und hübsch, blickt meist verschreckt und vor allem ratlos in die Kamera, was man ihr nachfühlen kann, denn so wie sie vermag man sich Sinn und Zweck des Ganzen nicht zu erklären.

Solcherart geht man etwas ratlos aus dem Kino – dass ein optischer Schock an den anderen gereiht wird, man aber (bei allem reichlich abgedrückten Dialog-Blabla) eigentlich nicht weiß, worum es gehen soll, das ist Horror der unteren Klasse. Des großen Namens nicht würdig.

Renate Wagner   

 

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