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Film: THE SUBSTANCE

Die mutige Demi Moore

19.09.2024 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 20, September 2024
THE SUBSTANCE
USA  /  2024
Regie: Coralie Fargeat
Mit: Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid u.a.

Die mutige Demi Moore

Beginnen wir mit Demi Moore selbst, die kürzlich die Grenze zum Sechziger überschritten hat, denn um sie und ihresgleichen geht es in diesem Film. Es ist allerdings nicht die ernsthafte Studie über die Ausgrenzung älterer Frauen, zumal im Show Business (aber auch sonst). sondern das Psychogramm eben jener Geschöpfe, die den naturgegebenen Abschied von Schönheit, Jugend, Glanz und Glamour nicht hinzunehmen bereit sind. (Und von denen gibt es viele, sonst lägen sie nicht zu Tausenden unter den Messern der Schönheitschirurgen…)

Demi Moore also, in den neunziger Jahren nicht nur als Gattin von Bruce Willis berühmt, sondern als schwarzhaarige Schönheit, der Robert Redford das „Unmoralische Angebot“ einer Liebesnacht für eine Million Dollar machte, die in einem ganz frühen Film zu sexueller Belästigung und Rache Michael Douglas in „Enthüllung“ zugrunde richtete, und die in „Die Akte Jane“ zeigte, zu welchen Überdrehungen  körperlicher Art sie fähig ist.

Das war in ihren goldenen Neunziger Jahren, und danach kam nicht mehr viel. Und jetzt kommt gar nichts mehr, wenn man nicht bereit ist, in Fernsehserien die Nebenrollen älterer Frauen zu übernehmen… Demi Moore hat selbst zugegeben, vom „Verfall“ ihres Körpers verzweifelt besessen gewesen zu sein. Vielleicht ist es für sie eine Erlösung gewesen, dieses Problem bis zum totalen Exzeß auf der Leinwand zu spielen – und damit noch die große Altersrolle zu finden, die niemand vergessen wird, der sie gesehen hat.

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Bevor der Film der französischen Regisseurin  Coralie Fargeat sich dem  irrationalen Horror zuwendet, wo sich der abgesägte Fernsehstar Elisabeth Sparkle aus einer nicht benannten Welt die „Substanz“ holt, die sie wieder jung machen soll, erlebt sie die alltäglichen Demütigungen des Alters. Wenn sie im Fernsehen in einer eigenen Show dem weiblichen Publikum aerobic-artig vortanzt, wie man beweglich bleibt, kommt ja doch eines Tages der Produzent (Dennis Quaid in einer Parodie der Männer dieses Genres) und lässt sie wissen, dass man sie ja nun doch durch eine Jüngere ersetzen muss…

Der Weg zur „Substanz“ führt über einen kleinen Autounfall ins Spital, wo ein unglaublich schöner junger Arzt Mitleid mit ihr hat und Elizabeth eine Visitenkarte zusteckt. Dort anzurufen und die Mittel zur Verjüngung zugeschickt zu bekommen (welches Vermögen sie dafür bezahlt hat, erfährt man nicht), geht relativ schnell. Die Eigenbehandlung ist schmerzhaft – aber auf einmal blickt ihr aus dem Spiegel ein wunderschönes junges Gesicht entgegen (Margaret Qualley ist die süße Beauty, die als junge Demi durchgehen kann). Bloß – es kann immer nur eine der beiden Frauen leben, muss ihre Kraft aus dem Körper, Fleisch und Blut der anderen holen… Das ergibt „Operationen“, die einem den Magen umdrehen, Computerkunststücke der höheren Horror-Art.

Und während „Sue“ die Karriere macht, die Elizabeth einst hatte, will diese, durch die fortwährenden Kraftentnahmen immer mehr alternd, auch noch leben. Es gibt gar nicht viele Dialoge in dem Film, der Machtkampf der Frauen rund um ihre Körperlichkeit spielt sich auf psychologischer Ebene zwischen ihnen in aller Brutalität ab.

Die Regisseurin scheut vor nichts zurück, bis zu einem Ende, in dem es nur noch Blut und Fleischklumpen rund um ein verzweifeltes Gesicht gibt, das auf dem Walk of Fame auf Elizabeths Stern versickert, bevor die Straßenreinigung kommt und den Schmutz wegspült,,,

Die „Substance“ mutet den Zuschauern viel zu, vor allem aber Darstellerin Demi Moore, die einen schlechtweg bewundernswerten Mut zur Selbstentäußerung zeigt.

Für schwache Nerven ist der Film eindeutig nichts. Aber er hat außer seinen gekonnten, rücksichtslosen Schockeffekten noch eine weitere Qualität: Er erzählt wirklich eine Geschichte.

Renate Wagner

 

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