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Film: THE POWER OF THE DOG

16.11.2021 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart:  19. November 2021 
THE POWER OF THE DOG
Neuseeland, Australien  /  2021 
Drehbuch und Regie: Jane Campion
Mit: Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst, Jesse Plemons, Kodi Smit-McPhee u.a.

Zwei gute Gründe holen den Filmfan diesmal ins Kino: „The Power of the Dog“ nennt als Regisseurin die Neuseeländerin Jane Campion, deren Film „Das Piano“ unvergessen ist (die Henry-James-Verfilmung „Portrait of a Lady“ war auch nicht schlecht, dann kam allerdings nichts mehr Bemerkenswertes). Nun hat sie, mittlerweile Mitte 60, nach sehr langer Pause wieder etwas fürs Kino geschaffen. En Film, der vielleicht weniger Beachtung fände, wäre es ihr nicht gelungen, keinen Geringeren als Benedict Cumberbatch für die zentrale Rolle sehr „gegen den Strich“ zu besetzen…

Ein Western, der nicht im 19, Jahrhundert, sondern schon in den zwanziger Jahren des 20. spielt, also gibt es neben Pferden Autos, und die Modernisierung ist nicht aufzuhalten. Aber wie immer wehren sich Menschen gegen den Fortschritt, in dem sie nichts Gutes erkennen. Einige Zeit lang steht Phil Burbank im Mittelpunkt, der ältere von zwei Brüdern, die gemeinsam eine Ranch in Montana betreiben. Das hätte man sich auch nicht gedacht, Benedict Cumberbatch, den exzentrischen Sherlock des Fernsehens, den Hamlet der Londoner Bühnen, hoch zu Roß über die Leinwand reiten zu sehen. Und dass er (in der Originalfassung) seine dezidiert „britische“ Sprache genug ablegt, um als amerikanischer „Westener“ durchzugehen…

Seine Starrheit wird ausreichend gezeigt, um den Kontrast zu seinem Bruder klar zu machen: Jesse Plemons als George ist dicklich (im Gegensatz zu Phils ausgestellter Drahtigkeit), keine männliche Schönheit, sympathischer Durchschnitt, aber er möchte im Gegensatz zum Bruder, der sich selbst als Monument des alten Western-Stils zelebriert, etwas haben vom Leben – ein Auto, gute Kleidung, ja, und eine Frau, auch wenn das Phil, dem das Männerregiment genügt, ganz gegen den Strich geht.

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Dann tritt die dritte Kraft im Spiel auf: Sehr blond, sehr weiblich, sehr freundlich, nicht mehr ganz jung  – Kirsten Dunst als Rose, die (aus welchen Gründen auch immer) bereit ist, die Werbung anzunehmen. Es gibt eine berührende Szene zwischen ihr und George, wo sie geradezu zärtlich versucht, ihm ein paar Tanzschritte beizubringen – und er gerührt meint, wie schön es sei, nicht mehr allein zu sein…

Die schmale Familientragödie ballt sich, als Phil keine Gelegenheit auslässt, der Schwägerin zu sagen, was er von ihr hält (so unterstellt er ihr in dieser Ehe rein finanzielle Interessen), und man muss zusehen, wie Rose diese geballte Feindseligkeit nicht aushält und anfängt, mehr zu trinken, als ihr gut tut…

Und dann taucht noch eine Person auf – Peter (Kodi Smit-McPhee), der halbwüchsige Sohn von Rose, ein weiterer Dorn im Auge von Phil, der ihn in seiner konventionellen Weltsicht für unmännlich hält. Und doch scheint die Regisseurin anzudeuten, dass in der scheinbaren Ablehnung eine verleugnete, versteckte, möglicherweise homosexuelle Anziehung steckt. All das wird durch einen hohen Musikanteil manchmal pathetischer, als es wohl gemeint ist.

Am Ende hat man das Gefühl, dass hier viel an menschlichen Spannungen geschildert, aber keine befriedigende Geschichte erzählt wurde. Aber wenn etwas so gut gespielt ist, lohnt es sich ja doch, ins Kino zu gehen. Außerdem hat die Regisseurin in Venedig 2021 schließlich den Silberne, Löwen für die Beste Regie erhalten (auch wenn Montana in Neuseeland lag und die Berge teilweise aus dem Computer kamen – man merkt es nicht, wenn man es nicht weiß).

Renate Wagner

 

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