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Film: THE PHOTOGRAPH

08.09.2020 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 10. September 2020
THE PHOTOGRAPH
USA / 2020
Drehbuch und Regie: Stella Meghie
Mit: Issa Rae, Lakeith Stanfield, Chelsea Peretti u.a.

Dieser Film entstand noch vor dem Beschluß der „Oscar“-Akademie, dass nur noch „politisch korrekte“ Filme für den Hauptpreis zugelassen werden… Nun blinzelt „The Photograph“ keinesfalls nach großen Preisen, sondern weit eher nach Kinopublikum – und zwar vordringlich nach den schwarzen Mitbürgern. Und das ist das Besondere an diesem Film der farbigen kanadischen Filmemacherin Stella Meghie: Es ist nämlich eine ganz normale Beziehungsgeschichte, die nur unter Schwarzen spielt. Nicht einmal fiele auf, dass anklagend die Rassismus-Frage aufgebracht würde. Die Personen der Geschichte haben andere Sorgen – und es sind im Grunde dieselben wie die Weißen.

Und noch etwas, das man „weißen“ Filmen gerne vorwirft – dass Hollywood gerne schöne Menschen auf die Leinwand bringt, damit die armen Kinobesucher, die vermutlich meist durchschnittlich und nicht spektakulär ansehnlich sind, auch ihre optische Freude haben können. So auch hier… schöne Menschen überall, vor allem, wenn es um die Jungen geht. Da gibt es dann auch tiefe Blicke und dicke Musik im Hintergrund, weil Liebes- und Familiengeschichten das so an sich haben.

In einem Mix aus Gegenwart und Rückblenden (das Hin- und Herspringen zwischen den Zeitebenen ist nicht immer völlig klar) entrollt sich die Geschichte von Mae (Issa Rae) heute und ihrer verstorbenen Mutter, der berühmten Fotografin Christina (Chanté Adams), einst. Und wie das schon so ist, wenn man zu Lebzeiten entfremdet war, muss dann die große Aufarbeitung erfolgen. In diesem Fall helfen alte Fotos und ein in jeder Hinsicht Anteil nehmender Journalist (Lakeith Stanfield). Das sorgt für die Gegenwarts-Romanze, während in der Vergangenheit – es ist unvermeidbar – nun auch der Vater aufgespürt werden muss (Rob Morgan in der alten Version), der einst als Junger (Y’lan Noel) mit Christina eine spannungsreiche Beziehung hatte.

Wie das halt so ist im Leben und in Drehbüchern, wo auch viele Seelenschmerzen abgehandelt werden – und der Film, der auf völlig konventionellen Schienen läuft, zeigt, dass schwarzes Leben auch gänzlich ohne andauernde Konfrontation mit der ach so bösen weißen Umwelt möglich ist. Oder nur im Kino?

Am Ende hat die Regisseurin jedenfalls den Beweis angetreten, dass die schwarze Community ganz genau so kitschige, „normale“ Liebesfilme machen kann wie die Weißen – und man sieht sie genau so gerne. Dafür müssen die Filmemacher aber auch in Kauf nehmen, dass gar kein Prädikat rausschaut, was Filme, in denen Farbige vorkommen, sonst ja fast automatisch zugeteilt bekommen…

Renate Wagner

 

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