Filmstart: 20. Dezember 2018
THE PEANUT BUTTER FALCON
USA / 2019
Drehbuch und Regie: Tyler Nilson, Michael Schwartz
Mit: Zack Gottsagen, Shia LaBeouf, Dakota Johnson, Bruce Dern u.a.
Behinderte Menschen zu spielen, ist für Schauspieler meist eine große Herausforderung, sehr bewundert, wenn sie gelingt, oft preisgekrönt. Es ist für den Zuschauer auch bequem, hilft ihm bei seinem Rückzug von der totalen Ergriffenheit, wenn er sich sagen kann: „Ist ja nur gespielt.“
Insofern unterscheidet sich dieser Film von anderen, die Behinderte in den Mittelpunkt stellt: Wenn Zac von sich sagt, „I am a down syndrome person“, so gilt das auch für seinen Darsteller Zack Gottsagen. Er beweist uns, dass Menschen mit dieser Disposition zwar optisch unverkennbar sind, aber doch ziemlich gut sprachlich kommunizieren und auch denken und fühlen und wünschen können. Noch zwei Worte zum Background dieses Films, den das Drehbuch-Regiepaar Tyler Nilson & Michael Schwartz gestaltet haben: Der „echte“ Zack Gottsagen wollte unbedingt Schauspieler werden. Und Shia LaBeouf, der in dem Film „The Peanut Butter Falcon“ die zweite Hauptrolle übernahm, hat es ihm ermöglicht.
Nun muss man deshalb nicht vor Rührung in die Knie gehen und alles gut finden, was hier gezeigt wird. Aber vieles geht unter die Haut. Etwa, dass man diesen Zac zu Beginn in einem Altersheim findet, weil man für den jungen Mann, für den niemand zahlt, keine andere Unterkunft gefunden hat. Da lebt er unter den Alten, muss sich „Retard“ (so viel wie „Dodel“) nennen lassen und hat Sehnsucht nach dem „Leben draußen“. Man glaubt, dass er immer wieder auszubüchsen versucht. Man glaubt, dass ein pfiffiger Alter (Bruce Dern) ihn dabei unterstützt. Und man glaubt auch, dass es eine so freundliche, ambitionierte Pflegerin gibt wie Eleanor, die ihn immer wieder „einfängt“ und zu seinem Besten, wie sie glaubt, zurück bringt. Das ist übrigens eine schöne Rolle für Dakota Johnson (die Melanie Griffith / Don Johnson-Tochter), die hier nicht wie in „Fifty Shades of Grey“ Unschuld mit Sex mischen muss, sondern einfach nur eine nette, mitfühlende, verantwortungsvolle Person ist. Die von einem ärgerlichen Chef nachgeschickt wird, als Zac einmal die Flucht wirklich gelingt. Bringen Sie ihn wieder, egal wie.
Zac macht sich allein auf den Weg, um den Traum seines Lebens zu verwirklichen: er will Wrestler werden. Die Welt, in der sich der zum Road-Movie werdende Film nun bewegt, ist ein großer Fluß – logisch, dass man nicht umhin kann, an Mark Twain zu denken, zumal da auch in Vögeln, Krokodilen und Natur geschwelgt wird. Und einen alten struppigen Farbigen, wie von Twain entsprungen, gibt es dann auch.
Wenn Zac den halb kriminellen Tyler trifft – Auftritt Shia LaBeouf, der sich zu Gunsten von Zac darstellerisch zurückhält – der von wütenden Fischern verfolgt wird, deren Beute er gestohlen hat, dann gibt es auch optisch Bilder, die absolut an die großen Twain-Romane erinnern – die beiden auf einem Floß, am Flußrand entlang stapfend, unterwegs so etwas wie Freundschaft etablierend. Schließlich verspricht Tyer, Zac zu einer Wrestling-Schule zu bringen… Und Eleanor hinter den beiden her.
Wenn die Geschichte bis dahin so etwas wie – wenn auch wacklige – Glaubwürdigkeit hatte, so kommt nun der Freundschafts-Kitsch (der Tanz am Lagerfeuer), zumal wenn Eleanor das Trio komplett macht, und die Szenen im Wrestling-Milieu (mit einer absolut unglaubwürdigen Pointe) bewegen sich in der Welt von Drehbuch-Romantik, mit ziemlich spekuliertem Kitsch dazwischen.
Und dennoch – wenn die drei dann am Ende zusammen sind und man sich fragt, wie es wohl weitergehen kann, dann wünscht man sich die märchenhaft glückliche Lösung. Dass die Außenseiter ihren eigenen Weg gehen mögen, statt sich gnadenlos in die Gesellschaft einschließen zu lassen. Nur nicht daran denken, dass das wirkliche Leben sie erwischt. Aber der Fall von Zack Gottsagen, dem echten, zeigt ja, dass Träume in Erfüllung gehen können. Wenn auch nur für einen unter einer Million…
Renate Wagner