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Film: THE MASTERMIND

Gegen den Strich gebürstet

29.10.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 31. Oktober 2025 
THE MASTERMIND
USA  /  2025
Drehbuch und Regie:
Kelly Reichardt
Mit: Josh O’Connor, Alana Haim u.a.

Gegen den Strich gebürstet

Man könnte davon ausgehen, dass das der Film der Stunde ist. Kunstraub! Eben haben Diebe im Louvre die Juwelen Napoleons gestohlen, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Und wenn J.B. Mooney im Museum von Framingham in Massachusetts mit Strumpfmaske über dem Kopf ein Bild von Arthur Dove hinaus trägt, wirkt das auch nicht eben schwierig. Heute schauen die Museumswächter wohl in ihre Handys, damals – wir sind in „The Mastermind“ nämlich in den siebziger Jahren, schlafen sie meist, die Mützen tief ins Gesicht gezogen.

Wenn ein Film den herausfordernden Titel „The Mastermind“ trägt (es stellt sich heraus, dass er nicht ironischer gemeint sein könnte) und als „Heist-Movie“ verkauft wird, wo es um Raub geht (der das Publikum immer wieder fasziniert), dann erwartet man sich brillante Köpfe und eine atemberaubende Handlung. Nichts davon liefert Regisseurin Kelly Reichardt, mitnichten. Was natürlich eher einen Festival-Film aus ihrem Werk macht als einen Blockbuster: In Cannes gab es viel Lob (vor allem von jenen, die bereit waren, aus ihrer lapidaren Darstellung amerikanische Zeitkritik zu anno dazumal zu lesen), es gab auch einige Nominierungen – Preise allerdings keine. Dazu ist der Film wohl nicht mitreißend genug.

Im Gegenteil. Man lernt „JB“ Mooney kennen, arbeitsloser Tischler in der US-Provinz, reiche Eltern im Rücken, aber seinerseits arbeitslos, der mit Gattin und kleinem Sohn anfangs dabei zu beobachten ist, wie er sich im Museum umsieht. Josh O’Connor (der zuletzt in dem „Challengers“-Film neben Zendaya auf gefallen ist) spielt ihn mit zweifellos beabsichtigter Farblosigkeit, und man würde ihm etwas so Kriminelles wie einen Kunstraub nie und nimmer zutrauen. Er wirft sein Auge auf die abstrakten Werke des Amerikaners Arthur Dove, die außerhalb der USA nicht wirklich bekannt sind. Mit zwei Komplizen geht er mit vier Bildern unbehelligt aus dem Museum.

Wie wir aus vielen Filmen wissen (Klassiker wie „Rififi“ zum Beispiel), bringt so etwas nicht nur die Behörden, sondern auch Gangsterkollegen in Bewegung, die sich aufmachen, dem Dieb die Beute abzujagen Das Leben wird für J.B. Mooney gewissermaßen unbequem, ohne dass sich Regisseurin darüber besonders aufregen würde. Mit unerschütterlicher Ruhe malt sie nicht nur die Handlung, sondern vor allem die Siebziger Jahre, in Pastellfarben, besonders kenntlich an den Autos (für uns die klassischen riesigen amerikanischen Oldtimer) und an den Anti-Vietnam-Demonstrationen, die am Ende eine aktive Rolle für die Handlung spielen.

Da bewegt sich der Anti-Heist-Film, wie man ihn nennen könnte, ruhig, der Hauptdarsteller blickt bestenfalls betropetzt drein, das Ende verwundert geradezu – es ist so seltsam und gewissermaßen absurd wie die ganze Erzählung.  Kurz, der Regisseurin ging es zu zeitgeistigen Jazz-Tönen als Begleitmusik darum, das Genre gewaltig gegen den Strich zu bürsten, und das ist ihr auch gelungen. Fans des Arthaus Kinos mögen das feiern, wer Konventionelles aus der Genre-Kiste  mag, ist vermutlich enttäuscht.

Renate Wagner  

 

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