Filmstart: 20. April 2022
THE LOST CITY – DAS GEHEIMNIS DER VERLORENEN STADT
The Lost City / USA / 2022
Regie: Aaron Nee, Adam Nee
Mit: Sandra Bullock, Channing Tatum, Brad Pitt, Daniel Radcliffe u.a.
Früher suchte man König Salomons Diamanten, Mr. Quatermain war unterwegs, Jäger des verlorenen Schatzes und andere waren hinter Juwelen am Nil her. Das 19. Jahrhundert hat diese Art von exotischen Abenteuerromanen erfunden, wo man durch Dschungel, auf Flüssen, durch Wüsten, am Meer, zu geheimnisvollen Bergen oder in verfluchte Gräber unterwegs war und Schätze oder Heilpflanzen oder magische Götterstatuen suchte.
Man liest dergleichen nicht mehr (Mr. H. Rider Haggard war einst König dieser Art von Romanen), aber im Kino ist das Genre nicht ausgestorben. Zuletzt suchte Emily Blunt in „Jungle Cruise“ in Brasilien eine seltene Pflanze, und Tom Holland war in „Uncharted“ dem Schatz eines gesunkenen Schiffes aus dem 16. Jahrhundert auf der Spur. Wenn „The Lost City“ erneut auf dieser immer wieder bewährten Welle reitet, ist der Film durchaus nicht allein auf breiter Flur. Nachhilfeunterricht in Geschichte ist es allerdings nicht, aber es läuft immer auf den Spaß hinaus.
Geschichten wie diese, die in sich so albern sind, muss man auf einem hohen Level der Ironie halten, denn nähme man sie ernst, würde man ausgelacht. Dazu braucht man die richtigen Schauspieler, und „The Lost City“ hat diese mit Sandra Bullock, die herrlich blödeln und slapsticken kann. Die Rahmenhandlung für die Geschichte besteht darin, dass man sie als Schriftstellerin Loretta Sage kennenlernt, die mit dieser Art von Schundromanen viel Geld macht, aber eigentlich der Sache längst müde ist. Wider Willen lässt sie sich von ihrer Verlegerin zur Präsentation ihres neuesten Buches schleppen… und man hat auch noch jenes Male-Model engagiert, der auf den Titelbildern ihrer Bücher prangt und darum vom Publikum natürlich für „Dash McMahon“, den von Loretta erfundenen Helden, gehalten wird als gäbe es ihn wirklich…
Also wird zu der blitzend smarten Bullock als Kontrast der geradezu dumpf-doofe Channing Tatum als Model Alan beigestellt, die nun gemeinsam in eine turbulente Handlung purzeln. Denn – auch das ist witzig – da gibt es den exzentrischen Milliardär Fairfax, der sich einbildet, die verlorene Stadt mit der „Feuerkrone“, die Loretta in dem letzten Buch erfunden hat, gäbe es wirklich. So wie Daniel Radcliffe, seit seinen kindlichen Harry Potter-Zeiten recht erwachsen geworden, den Verrückten spielt, ist auch das ein komisches Element, das man dem Film gutschreiben kann. Kurz, er entführt Loretta (Alan eilt hinter ihr her) und katapultiert sie auf eine Karibik-Insel, wo sie die von ihr erfundene „lost City“ und die Krone finden soll.
Und dann gibt es noch einen etwa zehnminütigen Auftritt von Brad Pitt als geschmeidigen Helden wie aus dem Bilderbuch. Das Charisma und der Charme, die er dauerlächelnd und herumturnend versprüht, muss auf männlicher Seite für den ganzen Film reichen. Denn wenn auch Drehbuch und die beiden Regisseure Aaron und Adam Nee das hölzerne Naturell von Tatum als komischen Effekt einsetzen – Tatsache bleibt doch, dass seine Ausstrahlung vergleichsweise Null ist.
Wenn Loretta und Alan jetzt von dem Milliardär auf eine Insel katapultiert werden, beginnt das „echte“ Abenteuer, das die Dame längere Zeit in High Heels stöckelnd absolvieren muss (und ihre Slapstick-Nummer, auf einen Sessel gefesselt, kann sich auch sehen lassen). Wenn Pitt und Radcliffe nicht in der Nähe sind, muss Sandra Bullock den Film allein stemmen, und das ist genau die Aufgabe, für die ihr Komödiantentum geboren ist. (Wahrscheinlich hat sie um dieser Rolle willen den Film selbst produziert.)
Mit der Karibik als immer pittoreskem Schauplatz, vergisst man, dass die Handlung der Geschichte dürftig ist – auch wenn das Pärchen, nach bewährten Vorbildern, in einem steinernen Sarkophag eingesperrt wird (sich aber erstaunlich einfach befreien kann…). Und auch, wenn ein paar komische Nebenfiguren mühevoll in das Drehbuch hineingeflickt wurden (hoffentlich nicht nur der Diversität wegen). Als Kinospaß ohne Anspruch, aber größtenteils mit Pfiff, funktionieren die eineinhalb Kinostunden tadellos.
Renate Wagner