Filmstart: 26. Juni 2020
THE HIGH NOTE
USA / 2020
Regie: Nisha Ganatra
Mit: Dakota Johnson, Tracee Ellis Ross, Kelvin Harrison Jr., Ice Cube u.a.
Es gibt Milieus, die besonderen Reiz auf Durchschnittsmenschen (sprich Kinobesucher) ausüben, darunter die Filmbranche (vorzugsweise Hollywood), die Fernsehwelt, die Redaktionen der Magazine (wo der Teufel Prada trägt), und vor allem, in all ihren Facetten, die Welt der Musik. Zumal die Pop-Branche in Los Angeles, denn es gibt vermutlich Hunderttausende junger Leute in aller Welt, die alles darum geben würden, dort Karriere zu machen. Wer allerdings hofft, in dem Film „The High Note“ einen legitimen Blick in den Hintergrund des Big Business werfen zu können, wird schwer enttäuscht. Hier werden nur die allerbilligsten Klischees abgespult.
Dass Maggie es sich antut, Assistentin eines unerträglich zickigen Superstars zu sein – nun ja, sie denkt sich, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, und das ist mein Sprungbrett zur eigenen Producer-Karriere. Sie muss sich von Grace Davis, ihrem „Star“, anschnauzen und viel Unfreundliches sagen und von deren Manager (Ice Cube) auf eine Weise herunter putzen lassen, die heutzutage keine Frau mehr so leicht hinnimmt – Maggie schon.
Die Geschichte mäandert durch das Schicksal der Diva, die sich auf einmal sagen muss, dass sie „Geschichte“ ist und die bekannten (und sicher nicht unberechtigten) Feminismus-Klagen loslässt: Wie viel Frauen über 40 hatten in der Pop-Branche einen Superhit? Und wie viele davon waren farbig?
Für den neuen Hit, den die Diva erzwingen will, meldet sich Maggie als Producerin an, was allerdings mehr böse Wortgefechte ergibt als Erfolg, und die geplagte Heldin wird wenigstens halbwegs glücklich, als sie einen jungen Mann kennen lernt (Kelvin Harrison Jr), dem sie ganz heftig Seelenmassage zukommen lässt, weil sie ihn für so toll hält…
Ja, und wenn sich die Diva triefend entschuldigt und bei Maggie auf den jungen Mann trifft, stellt sich heraus, dass er ihr entfremdeter Sohn ist – und dann wird auch der gutmütigste Kinobesucher mit Unbehagen meinen, dass Drehbuchautorin (Flora Greeson) und die Regisseurin mit ihrem Dauergriff in alle Klischeekisten übertrieben haben.
Diese Regisseurin ist eine in Kanada geborene, in den USA aufgewachsene Tochter indischer Eltern, und diese Nisha Ganatra war mit ihrem ersten, ähnlich gelagerten Film etwas glücklicher. „Late Night“ spielte in der Fernsehbranche, und immerhin war es Emma Thompson, die die Rolle der Star-Moderatorin, die wegen ihres Alters abgesägt werden soll, fast zur Sensation machte.
Das gelingt Tracee Ellis Ross (die arme Frau muss immer lesen, dass sie die Tochter von Diana Ross ist) nicht in demselben Ausmaß. Sie kann die Diva hinstellen, aber im Hinterkopf wird man den Gedanken nicht los, dass sie keine Whitney Houston ist, sprich, kein A-Kaliber, das so einen Film „schupft“.
Gleiches gilt für Dakota Johnson in der Rolle der Maggie. Die heute 30jährige hat es ja geschafft, geradezu mit Unschuldsmiene durch die (gar nicht so wilden) Sexszenen von „Fifty Shades of Grey“ zu wandern, und so freundlich und unschuldig, so bereit, alle Ungerechtigkeiten und Gemeinheiten hinzunehmen, verhält sie sich hier. Man kann schon prophezeien – diese Maggie wird es nicht schaffen, die hat nicht die Ellbogen und das Herz dazu…
Wenn man nun eine starke Geschichte starker Frauen erzählen will, aber ein schwaches Drehbuch und schwache Interpretinnen hat… da kann nicht allzu viel heraus schauen. Und von wegen „echte Einblicke ins Milieu“! Schnecken!
Renate Wagner