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Film: THE GREEN KNIGHT

22.08.2021 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart:  27. August 2ß21
THE GREEN KNIGHT
USA  /  2021 
Drehbuch und Regie: David Lowery
Mit: Dev Patel, Alicia Vikander,  Joel Edgerton u.a.

Es gibt seltsame Filme (man denke an „Malmkrog“, derzeit in den Kinos, und dergleichen), aber nicht übertrieben viele. Einer der seltsamsten, an die man sich seit langem erinnert, ist „The Green Knight“ von Regisseur David Lowery (der auch das Drehbuch schrieb und sich den Schnitt vorbehielt, was in diesem Fall sehr wichtig war).

Erzählt wird die an sich bekannte Geschichte aus dem Artus-Kreis, überliefert aus dem 14. Jahrhundert , wo Ritter Gawain (ein Neffe von König Artus, Sohn von dessen Hexen-Schwester Morgan Le Fay) die Herausforderung des geheimnisvollen Grünen Ritters zum tödlichen Duell annimmt. Aber es ist mit Sicherheit kein Film aus der Artus- Welt wie alle anderen, wo strahlende Ritter in glänzenden Rüstungen ausreiten, um mit Blick auf die schönen Damen, die ihnen zuwinken, für das Gute, Wahre und Schöne zu kämpfen. Wäre auch nicht eben zeitgemäß.

David Lowery spielt erst einmal mit dem Formalen – vieles, was man sieht, ist absichtsvoll zwielichtig, nicht genau zu erkennen. Neben düsteren Innenszenen gibt es (oft nicht weniger düster) Bäume, Wald, Landschaftsbilder  – die Stimmung ist unheimlich. Eine große Rolle spielt die raffiniert eingesetzte Musik, die irgendwie zwischen Glass und Orff und mittelalterlichen Chorälen liegt, ohne die Ritter-Welt zu beschwören, die hier nicht geboten wird.

Es gibt krude Effekte – ein Kopf rollt, man schwenkt zum Kasperltheater, wo das nachgespielt wird, wo sich das Rad mit den einzelnen Figuren immer wieder dreht… man muss sich schnell daran gewöhnen, dass hier eher Symbolismus als Realismus regiert. Kurz gesagt, man wird ganz schön zum  Rätselraten eingeladen, was allerdings einen Großteil der internationalen Kritik schrankenlos für diesen Film begeistert hat. (Das Publikum hat die Kassen allerdings noch nicht gestürmt.)

Zudem lässt sich der Regisseur immer wieder aufreizend Zeit, die einzelnen Episoden, aus denen er seine Geschichte zusammen setzt, zu entwickeln. Gibt es zwischen Magie, Sci-Fi und Horror überhaupt eine Handlung? Der Grüne Ritter taucht bei Artus auf, Gawain nimmt die Herausforderung an, begibt sich auf die Reise zu ihm, die keine unterhaltsame wird, wo man mehr Surreales sieht als Greifbares. Die berühmte Suche nach dem eigenen Selbst kann man natürlich hineininterpretieren, wenn man will. Oder auch nicht – alles ist offen und möglich.

green knight 2

Und da ist noch Dev Patel in der Titelrolle, der zwar derzeit erst 31 Jahre alt ist, aber eigentlich nicht jung wirkt, wie es die Rolle verlangen würde. Niemand wird heutzutage wagen, ein Wort darüber zu verlieren, dass er Inder ist, man darf ja gar nicht mehr bemerken, dass Menschen unterschiedlich sind und ein Inder nicht unbedingt wie ein Ritter aussieht – dann stimmt nach derzeitiger Weltanschauung eben unsere Vorstellung von Rittern nicht.

Nüchterne Gemüter mögen aus diesem Film eher unbefriedigt scheiden, weil ein Regisseur hier mit der Form gespielt hat und den Inhalt einfach den Spekulationen der Betrachter hinwirft. Regietheater, auf Kino umgelegt.

Am Ende der mehr als zwei Kinostunden hat man das Gefühl, man sei eigentlich ununterbrochen durch Nebel geritten – man weiß nur nicht, warum und wohin.

Renate Wagner

 

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