Filmstart: 4. September 2020
THE CLIMB
USA / 2019
Drehbuch und Regie: Michael Angelo Covino und Kyle Marvin
Mit: Michael Angelo Covino, Kyle Marvin, Judith Godrèche, Gayle Rankin u.a.
Echte Männerfreundschaften sind etwas Besonderes, nichts vermag sie auseinander zu bringen, nicht einmal Frauen (und das will etwas heißen). Gut anzunehmen, dass auch die Schauspieler Michael Angelo Covino und Kyle Marvin mehr als nur „Buddies“ sind, die sich halt zum Biertrinken treffen. Jedenfalls haben sie als ihre eigenen Drehbuchautoren, Regisseure und Hauptdarsteller einen Film gedreht, der immer wieder traurig und stellenweise auch peinlich, aber über weite Strecken einfach urkomisch ist. Ein Mix, das am Ende, nach veritabler Unterhaltung, ja doch auch nachdenklich hinterlässt… US Independent, weit vom Hollywood-Mainstream entfernt.
Zuerst treten sie in die Räder –Fahrradfahren macht einen großen Teil der gemeinsamen Aktivitäten von Kyle (Kyle Marvin) und Mike (Michael Angelo Covino) aus (wobei man nicht irrtümlich glauben sollte, dass es sich um einen Sportfilm handelt). Beim Radeln redet man über allerlei, auch wenn man bergauf schwer Luft kriegt, und man merkt schnell, wie die Chemie der beiden läuft – Kyle als der freundlichere, liebevolle, Mike als gewissermaßen der unsensible Trottel, der den Mund nicht halten kann, auch wenn es angesagt wäre.
Die erste Katastrophe besteht darin, dass Mike unbedingt los werden will, dass er mit der Freundin, die Kyle heiraten möchte, ein Verhältnis hatte. Als diese Ava ((Judith Godrèche) damit konfrontiert wird, ist sie begreiflicherweise entsetzt, beschließt aber dann, dass sie Mike noch immer liebt und heiratet diesen. Hält eine Freundschaft das aus?
Dass es nicht nur lustig zugeht, zeigt sich gleich – der Film ist in „Kapitel“ geteilt, die längere Zeiträume überbrücken. Nächster Schnitt: Begräbnis der Dame, und jetzt muss der betrogene Kyle seinen entfremdeten Freund noch trösten. Und als Kyle wieder ans Heiraten denkt, diesmal mit Marissa (Gayle Rankin) – die Familienparty mit einer äußerst bissigen Mutter von Kyle ist höchst vergnüglich – ist Mike wieder dabei, darf das Paar sogar in einen Urlaub begleiten. (Vorsicht!) Und was lernt man da? Zwar hat Mike sich nicht gebessert, aber auch die beständigen Versuche von Melissa, die beiden auseinander zu bringen, fruchten nichts. Und Männerdiskussionen über Frauen… man weiß ja, wohin das führt. Jedenfalls taucht Mike bei der Hochzeit auf (die zweite total urkomische Szene des Films) und sprengt sie, weil er zu wissen meint, diese Frau ist für seinen Freund nicht die richtige. (Recht hat er.) Als die Braut brüllt, sie müsse heiraten, weil sie schwanger ist, weigert sich der Priester…
Schnitt: Der Mensch, nach dem Kyle offenbar immer die stärkste Sehnsucht hatte, ist Mike – kein Wunder, dass er ganz offenbar zu diesem zieht, ein paar Häuser weiter von dem Haus von Marissa das er in der gezeigten Szene verlässt, von ihren Bissigkeiten verfolgt. Während die Besitztümer geteilt werden, wieselt ein kleiner Junge zwischen den beiden Häusern herum… denn „drüben“ ist ja „Onkel Mike“.
Es steckt eine gute Prise unangepasster Verrücktheit in dem Film, aber auch eine gute Prise Wahrheit. Es gibt geradezu irrationale Bindungen zwischen Menschen, die Außenstehende oft kaum verstehen können – und hier sehr überzeugend gezeigt werden, ganz fern von den Klischees, die amerikanische Lustspielfilme zu dem Thema aufzubereiten pflegen.
Fazit: Was hält eine echte Männerfreundschaft aus? Offenbar so viel, dass eine von zahllosem Fehlverhalten ramponierte Beziehung dennoch alles übersteht. Am Ende radeln sie zu dritt, der Kinobesucher würde nicht zu entscheiden wagen, wer von beiden der Vater des flotten kleinen Jungen ist, aber als Väter werden sich die beiden sicher bewähren…
Renate Wagner