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Film: STASIKOMÖDIE

17.05.2022 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 19. Mai 2022 
STASIKOMÖDIE
Deutschland  /  2022 
Drehbuch und Regie; Leander Haussmann
Mit: David Kross, Jörg Schüttauf, Henry Hübchen, Tom Schilling, Deleila Piasko, Margarita Broich u.a.

Sagen wir es gleich zu Beginn und ehrlich: Die DDR war kein Spaß. Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass man nicht darüber lachen kann. Leander Haußmann hat das schon zweimal bewiesen. Besonders über „Sonnenallee“ hat man sich 1999 (da war die Erinnerung an die DDR noch viel frischer) ehrlich amüsiert. Auch „NVA“ ist ihm 2005 einigermaßen gelungen. Vielleicht hat er sich jedoch zu viel Zeit gelassen, seine „DDR-Trilogie“ nun zu vollenden – da ist man als Regisseur auch schon über 60, hat die Lust am Theater verloren (in Wien ewig  nicht mehr inszeniert) und auch nicht mehr so furchtbar viel Kino gemacht. Wirkt die „Stasikomödie“ darum teilweise lustlos, teilweise aus den Fugen gegangen (und das „besonders wertvoll“-Prädikat, das die österreichischen Kollegen verliehen haben, leuchtet nicht wirklich ein).

Immerhin, die Rahmenhandlung „stimmt“. Irgendwie ist es ja chic geworden, dass jeder ehemalige DDR-Bürger sich „seine“ Stasi-Akte einmal ausheben ließ, um nachzulesen, was man damals so alles über ihn zusammen getragen hat. Im Fall von Ludger Fuchs, den Jörg Schüttauf in einer schönen Mischung aus Humor und Unruhe spielt, ist es natürlich nicht ganz so gescheit – denn schließlich wurde er als junger, braver Schnösel einst selbst von der Stasi rekrutiert. Was nicht hieß, dass die lieben Kollegen nicht auch über ihn per Akte gelästert (und alles, alles akribisch beobachtet und aufgehoben) haben…

In der Rückblende ist er – überzeugend in anfänglicher Naivität und späterer Raffinesse – David Kross, und Henry Hübchen darf einen Stasi-Offizier spielen, wie er dodeliger (und zynischer) nicht sein kann. Er macht es brillant, ebenso wie Detlev Buck als ebenso dodeliger (aber in diesem Fall echt linientreuer) Polizist. Bernd Stegemann als Stasi-Minister blödelt sich ähnlich souverän durch.

Nun gab es auch in Berlin einen „Untergrund“, eine abgefuckte  Bohème-Szene am Prenzlauer Berg mit freier Liebe, Hasch und jeder Menge selbst ernannter Künstler. Der absolute Gegenpol zur bürgerlich-stickigen DDR-Wirklichkeit – und diese Leute sollte Ludger infiltrieren. Dass es ihm nicht nur gelingt, sondern er sich dort auch sehr wohl fühlt, ist klar – welch wundervolle Gegenwelt, wo alle alles tun, was die anderen nicht dürfen…

Wenn es jetzt nur darum ginge, dass Ludger zwischen allzu willigen, als „Musen“ agierenden jungen Frauen hängenbleibt (von denen nur eine seine Gattin sein wird), man käme mit der „Stasikomödie“ gut zurecht. Aber Haußmann verliert sich in der „Szene“, wo sich sinnvollerweise für den Film nichts mehr tut, auch wenn es hier vermutlich um eine Kultursatire auf willkürliches Kunstverständnis gehen sollte (das in seiner ziellosen Dummheit manchem gleicht, was auch wir noch erleben) …

Man ist jedes Mal froh, wenn die endlose Schilderung der „Künstlerwelt“ wieder in der Gegenwart landet, wo Ludger (tatsächlich ein erfolgreicher Schriftsteller geworden ist, nachdem er seinerzeit nur vorgegeben hat, an einem „Roman“ zu schreiben, während er seine Stasi-Berichte tippte…). Tatsächlich stolpert er als älterer Herr dann familiär fast darüber, dass die Stasi sogar Liebesbriefe aufgehoben hat…. und der bestimmte ging nicht an die spätere Gattin, sondern an die andere, mit der er damals gleichzeitig involviert war. Wie das halt so ist bei den Bohemiens.

Apropos Gegenwart. Da liefert Tom Schilling eine der ergötzlichsten Figuren. Er ist der todernste Wissenschaftler, der jedes Fetzchen Stasi-Notizen wie eine Kostbarkeit hütet, ist es doch historisch relevant…

Wie dem auch sei, die „Stasikomödie“ ist zwar wirklich gut besetzt und darstellerisch ein Vergnügen, steht aber inhaltlich auf schwankendem Boden. Von damaligen Verbrechen ist nicht die Rede, es soll nur gelacht werden. Immerhin –  teilweise gelingt das auch.

Renate Wagner

 

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