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Film: SOPHIA, DER TOD UND ICH

30.08.2023 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart:  1. September 2023 
SOPHIA, DER TOD UND ICH
Deutschland  /  2023 
Regie: Charly Hübner
Mit: Dimitrij Schaad, Anna Maria Mühe, Marc Hosemann, Johanna Gastdorf u,a.

Mit dem Tod ist es so eine Sache. Jeder weiß, dass er selbst einmal dran ist, aber letztlich will es keiner wahrhaben. Die Dichter sind es, die gegen die Verdrängung ankämpfen – todernst und tragisch wie bei „Jedermann“, hoffnungsvoll wie beim „Brandner Kaspar“ (Motto: Vielleicht lässt sich doch etwas tricksen…). Und der Musiker Thees Uhlmann hat 2015 einen Roman zum Thema geschrieben, in dem der Tod leibhaftig vor der Tür steht.

Auch wenn man das Buch nicht kennt, wird man feststellen, dass es für einen Film nicht viel Handlung und Substanz hat, aber was man herausholen kann, ist dem Regisseur Charly Hübner gelungen – wenn man auch feststellen muss, dass man sich als Österreicher mit dem Berlinerisch / Norddeutschen Humor sowohl sprachlich wie in der Mentalität nicht ganz leicht tut. Aber man kommt hinein, sowohl auf Menschenebene wie auf einer drüber, wo es auch sehr menschlich zugeht.

Denn der Erzengel Michael, der hier natürlich eine Frau Michaela  ist (Lina Beckmann), befindet sich in einer Zwischenwelt zwischen Kinoleinwand und Würstelbude, wo zu Opernmusik (u.a. die Arien von Lakmé und der „Macht“-Leonora) jeden Morgen die Befehle an viele, viele Boten ausgegeben werden, die heute jene abholen sollen, die dran sind, das Irdische zu segnen.

Altenpfleger Reiner (Dimitrij Schaad) ist ein netter Kerl, ein Durchschnittsmensch, wie er selbst in späterer Selbstreflexion feststellt, nur dazu da, unbemerkt zu funktionieren. Und, wenn es nach seinem Todesboten geht (köstlich mit weiß geschminktem Gesicht und diskreter Groteskkomik: Marc Hosemann), einfach dazu vorgesehen, still und leise mitzugehen. Schließlich gibt es für den Boten da eine nur kurze Zeitspanne, innerhalb derer das zu erledigen ist.

Reiner hatte kaum Gelegenheit, das zu verarbeiten, was Morten de Sarg (welch schöner, sprechender Name) ihm verkündet, da läutet es an der Tür – und da steht seine schlecht gelaunte Ex-Freundin Sophia – Anna Maria Mühe stielt die Show, später im Doppelpack mit Johanna Gastdorf als Reiners Mutter Lore, zu deren Geburtstag sie jetzt in den Schleswig-Holsteinischen Norden aufbrechen. Der übertölpelte Morten de Sarg muss mit.

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Reiners Mama erweist sich als so bissig wie Sophia, kein Zweifel, die Damen sind die Stärkeren in der Geschichte und lange nicht bereit, die Sache mit dem Todesboten zu glauben. Ein paar dramaturgische Schlenker schicken das Quartett (der Titel klingt, als seien sie ein Trio, tatsächlich funktioniert die Geschichte zu viert) auf ein Road-Movie zurück nach Berlin. Zwischendurch machen sie in einem Wirtshaus Halt, wo sich Regisseur Charly Hübner als höchst unfreundlicher Wirt wirkungsvoll in Szene setzt. Humor ist ein starkes Element von Buch und Film.

Aber man darf ja nicht vergessen, worum es geht – Reiner philosophiert schon über das Leben, die kleinen Dinge, die er noch manchen möchte, gibt aber zu, dass es auch Erleichterung bedeutet, nichts mehr vor sich zu haben. Der Film gewährt ihm noch ein kurzes, nicht ganz unsentimentales  Wiedersehen mit seinem farbigen Söhnchen aus einer früheren Beziehung  – ja, und dann endlich – nachdem Morten de Sarg einen Kampf mt dem von Gabriele ausgeschickten Kollegen Morck Mortus (Carlo Ljubek) in bester Sci-Fi-Manier ausgetragen hat – geht Reiner, dem die Frauen links und rechts die Hand halten, in ein stilles, weißes Jenseits ein…

„Drüben“ freilich wirbelt es weiter, die Idee ist schließlich, sich die jenseitigen Mächte so ganz und gar menschlich vorzustellen, und sogar Gott (Josef Ostendorf ) kommt als alter, weißhaariger Mann mit Halbglatze in Sandler-Manier  daher – der Autor der Vorlage und der Regisseur haben es nicht mit Himmel und Hölle und religiösen Traditionen, sie schaffen ihre eigene Jenseits-Welt und hoffen schließlich nur,  dass man am Ende friedlich abtreten darf. Das hoffen wir doch alle.

Renate Wagner

 

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