Filmstart: 21. Dezember 2023
RAUS AUS DEM TEICH
Migration / USA / 2023
Drehbuch und Regie: Benjamin Renner
Animation
Prädikat: Sehenswert
Da Disney, in politischer Korrektheit erstarrt, mit „Wish“ gänzlich den Boden unter den Füßen verloren hat, scheint das Feld der „klassischen“ Animationsfilme frei für die Konkurrenz. Und, siehe da, Universal ist eingesprungen und hat mit „Migration“ einen Film geliefert, der gar nichts mit dem zu tun hat, was wir unter dem Wort verstehen. Der deutsche Titel „Raus aus dem Teich“ ist nicht nur lustiger, sondern sagt auch genauer, worum es geht – nämlich ein bisschen über den Tellerrand gucken.
Bei Disney wird man sich winden, dass die Filmemacher bei Universal (Buch und Regie: Benjamin Renner) sich an einem Heiligtum vergriffen haben: Enten. Nicht Donald Duck und die Seinen (wenn sie auch sogar einen knurrigen Onkel einführen, Dagobert lässt grüßen), sondern die Familie Mallard, die auch putzig sind, witzig und das, was bei Disney immer der Grundton war: Sie reden nicht nur für Menschen, sie handeln und empfinden weitgehend wie diese, sind also als beispielgebendes (wenn nicht sogar belehrendes) Äquivalent zu gebrauchen. Und das alles in gebotener Schlichtheit, statt in angeberischer Pose herum zu eiern.
Aber natürlich haben diese wunderbar gezeichneten, in wunderbaren Welten (die Computer können schon so einiges) lebenden Tierchen ihre Vorteile – sie sind beweglicher als Menschen, nicht so erdenschwer, und ungleich den Erdenbürgern haben sie immer eine Pointe auf den Lippen, wobei man sich um die charakterisierenden Stimmen (auch in der hoch besetzten deutschen Fassung) sehr bemüht..
Also, die Familie – Vater Mack, der Überfürsorgliche (solche Männer gibt es), Mutter Pam, die Unternehmungslustige, Dax, ein Sohn im Teenager-Alter, und das Kleinkind Gwen. Für Papa ein schönes Familienleben am heimischen Teich, für Mama die Langeweile pur. Man weiß, wie das ist, wenn Frauen ausgiebig nerven, und wenn dann noch der Anstoß von außen kommt – na ja, dann macht man sich halt auf die Reise. Fliegen wir halt einmal auf Urlaub nach Jamaika.
Auch Menschen (für die diese Geschichte ja erzählt wird) wissen, dass dergleichen nicht immer klaglos verläuft. Etwa, wenn man sich auf angebliche Fachleute verlässt – das Vögelchen, das ihnen zeigen will, wie man in New York gefahrlos die Fahrbahn überquert, fliegt mehrfach in die Luft, lässt Feder und kehrt ramponiert wieder… aber im Zeichentrickfilm überlebt man glücklicherweise.
Und dass nicht alle Menschen nette Menschen sind, erfährt die Entenfamilie auch, als sie einen Starkoch begegnen, der sie ganz lüstern als Rohmaterial für seine „Ente à la Orange“ betrachtet. Schließlich muss in jeden Zeichentrickfilm auch was Böses und Gefährliches dabei sein (was wäre Schneewittchen ohne die böse Stiefmutter, Rotkäppchen ohne den bösen Wolf?), damit man nachher, wenn alles überwunden ist, richtig erleichtert sein kann… und die Familie nach Abenteuern und den unentbehrlichen Musical-Szenen in Jamaika landet. Der finale Tanz am Strand – das ist top.
Die Animationsfilme haben ihre eigenen Gesetze. Will man diese unbedingt umbiegen, kann man ganz schön auf die Nase fallen. Erfüllt man sie mit immer neuer, nicht künstlich verkomplizierter Freude an der Sache, können alle ihren Gewinn daraus ziehen – das Kinopublikum, jung und, ja, auch alt, und der Verleih, der es richtig macht, an der Kinokasse.
Renate Wagner