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Film: PUTIN

Terror und Horror

09.01.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 9. Jänner 2025 
PUTIN
Polen / 2024
Drehbuch und Regie: Patryk Vega
Mit: Sławomir Sobala (Putin), Thomas Kretschmann, · Maksymilian Zieliński, Justyna Karłowska, Przemysław Bluszcz u.a.

Terror und Horror

Wer horcht nicht auf, wenn der Name Wladimir Putin fällt? Der Hitler unserer Zeit, der skrupellos einen Krieg entfesselt hat? Der blonde Mann mit dem reglosen Gesicht, aus dem nichts abzulesen ist. Wer würde nicht wissen wollen, wie er „tickt“? Aber der Film des polnischen Regisseurs Patryk Vega (der übrigens als Spezialist für Gangsterfilme gilt…) beantwortet das nur bedingt.

 In seinem „Putin“ geht es weniger um Fakten als, in vielen, bunt durcheinander gewirbelten, keiner Chronologie folgenden Kurzszenen – um Impressionen. Die sind allerdings erschreckend genug. Da kommt ein Mann aus einer Welt von Terror und Horror… kann man sich da über sein skrupelloses Handeln noch wundern?

Die fiktive Rahmenhandlung begibt sich 2026, und der Regisseur träumt hier geradezu davon, den dann erst 74jährigen Greis schwerkrank in einer Klinik zu sehen, wo Krankenschwestern versuchen, den offenbar verfallenden Körper zusammen zu halten, während Putin sich von einem General  berichten lässt, wie die Welt aussieht – schlecht, also gut in seinen Augen.

Und dann geht’s los – keine Dokumentation, wenn man folglich  mit Putins Leben und Werdegang nicht vertraut ist, wird man vieles, das da gezeigt ist, gar nicht begreifen. Abgesehen davon, dass der Regisseur zu realen Dingen immer eine Meta-Ebene einzieht, die Putin mit Figuren aus seiner Kindheit umgibt, die ihm einflüstern, was er tun soll…

Die Kindheit war hart, wer geprügelt wird, lernt sich wehren. Wie er in die Politik gekommen ist – um solche logische Zusammenhänge kümmert sich der Film kaum. Er zeigt Ups and Downs, und schließlich, wie Putin Jelzin erpresste, so dass dieser ihm seinen Job überließ. Seit einem Vierteljahrhundert regiert Putin seither Rußland mit fester Hand.

Und mit keinerlei Berührungsängsten, wenn es darum geht, für seinen Machtgewinn und seinen Machterhalt Menschen zu töten – man sieht vielen grausamen Toden zu.  Verbrechen, die man den Tschetschenen zuschrieb (die Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater 2002, bei der 130 unschuldige Menschen starben und die Geiselnehmer allesamt erschossen wurden, so dass sie nicht aussagen konnten, wurde von Putin orchestriert, wie der Film meint), brutale, erpresserische Raubtiergeschäfte als Bürgermeister von St. Petersburg, die ihn reich machten,  und Wahlmanipulationen, die den Russen und der Welt vorspielten, die Bevölkerung stände geschlossen hinter ihm, sind nur einige Verbrechen und Aktionen, die man ihm hier zuschreibt. Faktisch Bekanntes wie sein Luxusschloß oder die Ermordung Nawalnys fällt unter den Tisch, aber vermutlich hätte keine Filmdauer ausgereicht, hier alles zur Sprache zu bringen…

Der polnische Regisseur belehrt nicht durch ausgesprochene Analysen, er erschreckt lieber mit einem wilden Galopp durch einen Sumpf von kruden Verbrechen, wozu die irrealen, metaphysischen und religiösen Passagen nicht wirklich passen.

Und im Zentrum des Films steht Putin, so „echt“, als hätte er sich bereit erklärt, sich selbst zu spielen. Gewissermaßen hat er das auch – denn K I kann mit der Deep-Fake-Technologie Putins Gesicht über das eines Schauspielers legen, der solcherart nur als Körper agiert und nicht mehr als sich selbst kenntlich ist… Geradezu gespenstisch. So wie der ganze Film.

Nüchterne Zeitgenossen werden Fernseh-Dokumentationen mit klarer Berichterstattung vorziehen. Das hier ist Kino, das ambitionierte Chaos eines Bio-Pics. Ganz wohl fühlt man sich  dabei nicht (so wie man ja auch Hitler nicht wirklich auf der Leinwand sehen wollte, der noch von echten Schauspielern verkörpert wurde). Irgendwie scheint „Kino“ dem Ernst der Situation, in die uns diese Person gebracht hat, nicht angemessen.

Renate Wagner

 

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