Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Film: PHANTASTISCHE TIERWESEN: DUMBLEDORES GEHEIMNISSE

07.04.2022 | FILM/TV, KRITIKEN

phantastische tierwesen

Filmstart:  8. April 2022
PHANTASTISCHE TIERWESEN: DUMBLEDORES GEHEIMNISSE
Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore  /  USA, GB  /  2022 
Regie: David Yates
Mit: Jude Law, Mads Mikkelsen, Eddie Redmayne, Dan Fogler, Peter Simonischek u.a.

Als J.K. Rowling noch nicht in Ungnade bei den Sozialen Medien gefallen war…. Sie hat es nämlich gewagt, in Genderfragen „Mann“ und „Frau“ auf ganz altmodische Weise zu definieren. Also, als sie noch in  Gnaden war, hat die unermüdlich produktive „Harry Potter“-Autorin eine auf fünf Teile konzipierte Buch- und auch gleich Filmreihe auf die Beine gestellt, im Original „Fantastic Beasts“, auf Deutsch nicht so überzeugend „Phantastische Tierwesen“ (aber wie soll man sonst sagen?).

Nach dem ersten (2016) und dem zweiten (2018) Teil ist nun – nach längerer Pause als vorgesehen –  der dritte im Kino. Auch da ist ein Opfer unserer ach so moralischen, immer shitstorm-bereiten Zeit zu registrieren: Johnny Depp, der als „böser“ Grindelwald in Teil 2 agierte, ist von seiner Frau in aller Öffentlichkeit der Gewalttätigkeit beschuldigt worden. Also – nix mehr mit der Hauptrolle. Anstelle dessen spielt den Grindelwald nun ganz ein anderer Typ, Mads Mikkelsen, bleichgesichtig, Putin-artig rätselhaft und teilweise wie nicht von dieser Welt. Na ja, er ist ja auch ein Zauberer.

J.K. Rowling hat hier – no na – an ihr Harry Potter-Universum angeschlossen, das sie, man muss es zugestehen, in voller Breite und auch Tiefe kreiert hat. Albus Dumbledore, Schulleiter in Harry Potters Hogwarts, rückt im dritten Teil in seiner Konfrontation mit Gellert Grindelwald (der in den Harry Potter-Büchern nur ganz am Rande vorkam) gänzlich  ins Zentrum – wenn man bei einer so zerfransten Handlung wie hier überhaupt von einem Zentrum sprechen kann.

Dumbledore und Grindelwald (ob sich der Schweizer Luxus-Skiort am Jungfraujoch über diese Assoziation freut?) haben offenbar eine alte, homosexuelle Geschichte miteinander – bald zu Beginn des Films treffen sie sich zu einer Tasse Tee, die nicht getrunken wird, Dumbledore gesteht seine ehemalige Liebe, Grindelwald versichert cool, er werde sich davon nicht von seinen Absichten abhalten lassen… nämlich die ultimative Macht in der Zauberwelt zu übernehmen.

Ein bisschen fühlt man sich wie bei Richard Wagners Alben, Lichtalberich, Schwarzalberich. Grindelwald ist jedenfalls der Schwarzmagier, vor dem man in der Gestalt von Mads Mikkelsen, wie erwähnt, richtig Angst haben kann. Als Dumbledore (in den Harry Potter-Filmen einst Richard Harris und dann Michael Gambon, beide uralt und weißhaarig) ist Jude Law, einmal einer der frechsten, schönsten jungen Männer des englischen Kinos, zum würdevollen mittelalterlichen Herren mit Sigmund-Freud-Bart mutiert…

Als Star der Geschichte wird Eddie Redmayne als der  „Magi-Zoologe“ Newt Scamander geführt, aber er hat einzig die Funktion, mit seinem Koffer, aus dem immer wieder seltsame Tiere krabbeln, für den kindlichen Anteil an der Geschichte zu sorgen. Auch zieht er mit einer Schar von Helfern, von denen nur einer (nämlich Jacob Kowalski) Profil gewinnt, dramaturgisch ziellos herum, um Dumbledore zu helfen.

Für österreichische Kinobesucher ist es amüsant, wenn er im Zauberergefängnis Erkstag landet, denn dort sitzt ein verwahrlost aufgemachter Peter Simonischek an der Pforte und reißt seine düster-slurrilen  Witze. Ja, und um gleich bei den hierzulande bekannten Stars zu bleiben – Oliver Masucci, aus seinen Burgtheater-Zeiten bekannt, hat sein dämonisches Aussehen schon als Rainer Werner Fassbinder oder in der „Schachnovelle“ auf die Leinwand gebracht, nun ist er mit düsterem Blick natürlich ideal für die kleine Rolle des Mannes, der der Internationalen Konföderation der Zauberer vorsteht…

Dort will Grindelwald Chef werden, und als Rahmen dazu eignet sich das Hitler-Berlin der Dreißiger Jahre ausgezeichnet. Als zweites exotisches Ambiente hat man nicht Rio de Janeiro (wie vielfach im Internet publiziert), sondern die Himalaya-Region Bhutan gewählt, die zwar Kolorit mitbringt, aber nicht wirklich „mitspielt“. Immerhin werden dort am Ende Dumbledore und Grindelwald entschlossen ihre magischen Zauberstäbe gegeneinander halten, und irgendwann stürzt Grindelwald in einen Abgrund…

Im Kunterbund-Tohuwabohu der Handlung haben nur einige Figuren Zeit, einigermaßen Profil aufzubauen, so die smarte Hexe Lally Hicks (Jessica Williams). Ezra Miller, der  als Credence Barebone  schon durch die vorigen Teile gewankt ist, erweist sich nun mit hoch vorwurfsvoller Miene als Aurelius und ein Teil der Dumbledore-Familie.

Und da ist schließlich noch Jacob Kowalski, Bäcker aus Queens, unabdingbar als „Comic Relief“ des Films. Zwar ein „Muggel“ (sprich: Normalmensch ohne die Fähigkeit zu zaubern), ist er doch eine enorme Hilfe für das Dumbledore-Team, einfach durch die liebenswerte Präsenz, die Dan Fogler ihm gibt. Und da ist ja auch noch seine Liebe zu der nicht sehr zuverlässigen Queenie (Alison Sudol), die zwischen den „Guten“ und den „Bösen“ hin und her-surft…

So geht es gut zweieinviertel Stunden lang, in denen man von einer Action zur nächsten geworfen wird, meist ohne zu wissen, warum  – Regisseur David Yates kreiert schon  zum dritten Mal das Chaos, das diese Filme auszeichnet. Am Ende sind alle Fragen offen, vor allem jene, ob es weitergehen wird.  Denn schon war die Rede davon (wenn eine Autorin in Ungnade gefallen ist, schüttelt man das nicht so leicht ab), nach dem dritten Teil Schluß zu machen und die zwei folgenden sein zu lassen.

Nun, alles ist möglich. Jacob Kowalski heiratet am Ende seine Queenie (in der Geschichte der beiden wäre noch viel drin), Dumbledore entfernt sich elegisch, aber Newt Scamander hat ihm jedenfalls versichert, für ihn da zu sein, wenn er gerufen wird… (na also). Und ob Grindelwald wirklich tot ist? So ein Schwarzmagier hat doch sicher Dutzende Leben?

Im Endeffekt wird Hollywood reagieren wie immer: Die Einspielergebnisse werden entscheiden, ob man sich noch zweimal inmitten von phantastischen Tierwesen (die hier gar nicht im Vordergrund stehen) durchrütteln lassen soll…

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken